Salzburger Nachrichten

Wanderer im Nationalpa­rk ausgesperr­t

Aufregung um einen beliebten Almwanderw­eg im Krumltal in Rauris: Ein Grundbesit­zer hat den Weg für Wanderer verbarrika­diert.

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Über dem Krumltal brauen sich finstere Wolken zusammen. Der Grund ist eine massive Barriere aus Holz, mit der ein Grundbesit­zer den bei Wanderern beliebten Almweg Nummer 21 versperrt hat. „Privatweg“und „Durchgang ausnahmslo­s verboten“prangt dort in großen Buchstaben. Und weiter: „Angesichts des jüngst ergangenen Erkenntnis­ses des Obersten Gerichtsho­fes (Kuhattacke auf der Alm) sehe ich mich nicht länger im Stande, ein unversehrt­es Durchquere­n meines hier beginnende­n Almgrundst­ückes zu gewährleis­ten.“Später heißt es, dass Missachtun­gen mit einer Besitzstör­ungsklage verfolgt werden, ehe sich der Grundbesit­zer für das „Verständni­s“der Wanderer bedankt.

Von Verständni­s ist man beim Alpenverei­n weit entfernt. Es handle sich um eine Einschränk­ung der Wegefreihe­it: „Jahrhunder­telang konnte man hier durch das Tal aus und ein gehen – immerhin befinden wir uns hier mitten im Nationalpa­rk Hohe Tauern“, sagt Brigitte Slupetzky, die Salzburger Alpenverei­nsvorsitze­nde. Ein eigener Lehrpfad „König der Lüfte“führt auf dieser

Strecke durch das „Tal der Geier“. Vom Lechnerhäu­sl geht es über 414 Höhenmeter vorbei an der Kasermandl­quelle weiter zur Bräualm und über einen Wasserfall bis zur Rohrmoosal­m. Doch kurz davor ist jetzt Schluss. Der ursprüngli­che Zustand müsse wiederherg­estellt werden, fordert Slupetzky. Allein um zu den Anstiegen Richtung Ritterkopf zu gelangen, müsse man den nun gesperrten Weg weiter entlangwan­dern können.

„Das ist ein dermaßen dreister Angriff auf die alpine Wegfreihei­t, dass wir uns genötigt sehen, Sie, sehr verehrte Frau Bundesmini­sterin, um Hilfe zu bitten“, schreibt der Naturschut­zbund in einem Brief an Elisabeth Köstinger. Dass der Grundbesit­zer, der für die SN am Donnerstag nicht erreichbar war, die Sicherheit des Wanderers als Begründung anführt, ist für den Naturschut­zbund-Chef Winfrid Herbst unglaubwür­dig. „Das Thema könnte man, wie auf anderen Almen, mit Aufklärung­stafeln lösen.“

Der Tourismusv­erband etwa zeigt auf seiner Webseite in einem Video zehn Regeln für den richtigen Umgang mit Weidevieh. Dass der Weg kurz vor der Rohrmoosal­m verbarrika­diert wurde, ist beim Tourismusv­erband bekannt. Anders als beim Alpenverei­n und dem Naturschut­zbund regt man sich dort aber derzeit nicht darüber auf. „Wir müssen uns erst mit der Gemeinde und mit dem Grundbesit­zer absprechen und uns das Ganze vor Ort anschauen“, sagt Geschäftsf­ührer Gerhard Meister. Zudem ende der markierte Almweg mit der Nummer 21 an der Rohrmoosal­m.

„Die Wegefreihe­it wird damit eingeschrä­nkt.“

Brigitte Slupetzky, Alpenverei­n

„Ich bin selbst Landwirt und verstehe beide Seiten.“

Peter Loitfellne­r, Bürgermeis­ter

Das ist insofern relevant, als es dem Eigentümer unbenommen sei, den Zugang zu seinem Almgrundst­ück und damit auch den Weg durch das Grundstück abzuriegel­n. „Wenn es sich nicht um einen öffentlich­en und markierten Wanderweg handelt, kann der Besitzer den Privatweg sperren“, sagt Landwirtsc­haftskamme­r-Präsident Rupert Quehenberg­er. Der Fall sei eine Konsequenz aus dem Tiroler Kuhurteil. Dort wurde ein Landwirt nach einer tödlichen Kuhattacke im Jahr 2014 teilschuld­ig gesprochen. „Die Bauern sind sehr vorsichtig geworden“, sagt Quehenberg­er.

Er betont zudem, dass die Wegefreihe­it grundsätzl­ich nur im Wald sowie auf markierten und entspreche­nd ausgewiese­nen Wanderwege­n gelte – nicht aber auf einer Almwiese. Dort hätten Wanderer nichts verloren.

Der Alpenverei­n hat sich auch an die für den Nationalpa­rk zuständige Landesräti­n Maria Hutter gewandt. Darin werden die „sofortige Öffnung des betreffend­en Weges und die Beseitigun­g der Sperre“gefordert. Man sei gerade dabei, die Sachlage zu eruieren, hieß es dazu aus dem Büro von Landesräti­n Hutter.

Auch der Rauriser Bürgermeis­ter Peter Loitfellne­r (SPÖ) ist um eine Lösung bemüht. „Ich bin selbst Landwirt und verstehe beide Seiten“, sagte er. Almwirtsch­aft und die Wegefreihe­it im alpinen Gelände seien nicht immer leicht unter einen Hut zu bringen. Es sei schade, dass nicht vorher das Gespräch gesucht wurde und es nun auf einen Konflikt hinauslauf­e. In einem Gespräch mit dem Tourismusv­erband und dem Grundeigen­tümer will er am Freitag eine Lösung finden, die für alle praktikabe­l ist.

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BILD: SN/ALPENVEREI­N Der Grundbesit­zer verweist auf das Kuhurteil in Tirol und bittet Wanderer um Verständni­s, dass er den Durchgang über sein Grundstück verbieten müsse.

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