Das Pinzgauer Vorbild des „Jedermann“
Der personifizierte Tod als Skelett im schwarzen Umhang hebt schon die knöcherne Hand, um seinen Pfeil auf den bettlägerigen Mann abzuschießen. Mit dem Stundenglas zeigt er ihm an, dass seine Lebenszeit abläuft. Dem Sterbenskranken bleibt nur noch, um Beistand zu bitten auf seinem letzten Weg. Diese schicksalshafte Szene steht im Mittelpunkt des Gemäldes in der Pfarrkirche in Fusch an der Glocknerstraße.
Es ist der uralte (Lebens-) Stoff, der mit dem „Jedermann“seit 100 Jahren auch Herzstück der Salzburger Festspiele ist. Ihr Mitbegründer Hugo von Hofmannsthal (1874–1929) vollendete das „Spiel vom Sterben des reichen Mannes“1911. Die Salzburger Erstaufführung ging im August 1920 auf dem Domplatz über die Bühne.
Hofmannsthal soll sich bei seinen wochenlangen Aufenthalten zur Sommerfrische in Fusch von dem Gemälde inspirieren lassen haben. Bürgermeister Hannes Schernthaner sagt: „Wir können das nicht beweisen, aber alle Indizien sprechen dafür, dass der erfolgreiche ,Jedermann‘ seinen Ursprung in Fusch an der Glocknerstraße hat.“
Der Wiener Dichter war von Kindheit an im Sommer immer wieder im damals berühmten „Bad in der Fusch“. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts erlebte es seine Blütezeit, heute ist es vergessen und verfallen.
Ursprünglich hing das Bild „Der Tod des Gerechten“in der Kirche im Kurort oben. Gertraud Steiner schreibt in ihrem Buch „Bad Fusch. Eine Wiederentdeckung“, nach der Schließung der Badkirche sei das Gemälde in den Fuscher Pfarrhof gekommen. „Beim Neubau der Fuscher Pfarrkirche wurde es 1972 restauriert und in die neue Kirche übernommen.“
Der Maler ist nicht bekannt, auch die Datierung fehlt. Wer davorsteht, wird den Gedanken an einen Pinzgau-Bezug des „Jedermann“aber wohl faszinierend finden. Auch eine Briefzeile Hofmannsthals erscheint dann in einem anderen Licht: „Ich fühle mich etwa wie der Restaurator eines schönen alten Bildes, der aber fast unversehens dann weiterzumachen angefangen hat ...“