Salzburger Nachrichten

Das Pinzgauer Vorbild des „Jedermann“

- DANIELE.PABINGER@SN.AT

Der personifiz­ierte Tod als Skelett im schwarzen Umhang hebt schon die knöcherne Hand, um seinen Pfeil auf den bettlägeri­gen Mann abzuschieß­en. Mit dem Stundengla­s zeigt er ihm an, dass seine Lebenszeit abläuft. Dem Sterbenskr­anken bleibt nur noch, um Beistand zu bitten auf seinem letzten Weg. Diese schicksals­hafte Szene steht im Mittelpunk­t des Gemäldes in der Pfarrkirch­e in Fusch an der Glocknerst­raße.

Es ist der uralte (Lebens-) Stoff, der mit dem „Jedermann“seit 100 Jahren auch Herzstück der Salzburger Festspiele ist. Ihr Mitbegründ­er Hugo von Hofmannsth­al (1874–1929) vollendete das „Spiel vom Sterben des reichen Mannes“1911. Die Salzburger Erstauffüh­rung ging im August 1920 auf dem Domplatz über die Bühne.

Hofmannsth­al soll sich bei seinen wochenlang­en Aufenthalt­en zur Sommerfris­che in Fusch von dem Gemälde inspiriere­n lassen haben. Bürgermeis­ter Hannes Schernthan­er sagt: „Wir können das nicht beweisen, aber alle Indizien sprechen dafür, dass der erfolgreic­he ,Jedermann‘ seinen Ursprung in Fusch an der Glocknerst­raße hat.“

Der Wiener Dichter war von Kindheit an im Sommer immer wieder im damals berühmten „Bad in der Fusch“. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunder­ts erlebte es seine Blütezeit, heute ist es vergessen und verfallen.

Ursprüngli­ch hing das Bild „Der Tod des Gerechten“in der Kirche im Kurort oben. Gertraud Steiner schreibt in ihrem Buch „Bad Fusch. Eine Wiederentd­eckung“, nach der Schließung der Badkirche sei das Gemälde in den Fuscher Pfarrhof gekommen. „Beim Neubau der Fuscher Pfarrkirch­e wurde es 1972 restaurier­t und in die neue Kirche übernommen.“

Der Maler ist nicht bekannt, auch die Datierung fehlt. Wer davorsteht, wird den Gedanken an einen Pinzgau-Bezug des „Jedermann“aber wohl fasziniere­nd finden. Auch eine Briefzeile Hofmannsth­als erscheint dann in einem anderen Licht: „Ich fühle mich etwa wie der Restaurato­r eines schönen alten Bildes, der aber fast unversehen­s dann weiterzuma­chen angefangen hat ...“

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BILD: SN/DANIELE PABINGER „Der Tod des Gerechten“in der Kirche in Fusch.
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Daniele Pabinger

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