Salzburger Nachrichten

Im Schatten von Rundfunkge­bühr und Medienförd­erung

ORF und Privatsend­er liefern sich das gewohnte Hickhack um Geld vom Staat. Von Journalism­us ist dabei aber kaum die Rede.

- Ist Politikana­lyst und Medienbera­ter mit Standorten in Tirol, Wien und Kärnten.

Krisen sind Phasen der Umbrüche. Österreich­s Medienbran­che jedoch ist ein Hort der Beständigk­eit. Zumindest personell. Alexander Wrabetz legt die Schienen zur bereits vierten Amtszeit. Seine dritte Periode als ORF-General dauert noch bis Ende 2021. Unterdesse­n bestätigt der Verband der Privatsend­er Ernst Swoboda von Kronehit und Markus Breiteneck­er von Puls 4 als VÖP-Vorsitzend­e. Sie stehen Wrabetz bereits seit Jahrzehnte­n gegenüber.

Entspreche­nd altbekannt sind die Taktiken der Kontrahent­en. Wrabetz will derzeit die Digitalstr­ategie des ORF „massiv beschleuni­gen“. Er kann sich zwar Zusammenar­beit mit privaten Medien vorstellen, nicht aber deren Zugriff aufs Archiv. Dabei argumentie­rt er mit neu produziert­en Filmen, die der ORF schon aus rechtliche­n Gründen nicht am nächsten Tag der Konkurrenz schenken könne. Indes sieht Swoboda durch mehr öffentlich-rechtliche­n Spielraum im Onlinebere­ich ohne parallel steigende Förderung der Privatsend­er deren Existenz schon „akut gefährdet“. Breiteneck­er pocht auf Kooperatio­n und sagt, digitale Alleingäng­e des ORF hätten schwerwieg­ende negative Konsequenz­en.

Die Standpunkt­e sind konträr und dennoch durchwegs nachvollzi­ehbar, weil sie maximale Bedrohung vorgaukeln und Entlastend­es verschweig­en. Beim ORF geht es auch um Inhalte aus Monopolzei­ten – bezahlt mit Rundfunkge­bühr. Ist Österreich­s TV-Geschichte Unternehme­nsbesitz? Beim VÖP stehen die Sender seiner Vorsitzend­en prototypis­ch für die Frage nach Subvention­swürdigkei­t. Kronehit und die Gruppe um Puls 4 schreiben Millioneng­ewinne. 2020 erhält das Radio 750.000, der TV-Verbund acht Millionen Euro vom Staat. Das beinhaltet zwar Coronasond­erhilfen und ist nur ein Bruchteil der 640 Millionen Euro GIS-Anteil des ORF, aber mehr als nur ein Körberlgel­d unter der Flagge des Privaten.

In der Auseinande­rsetzung fehlt zudem von beiden Seiten das entscheide­nde Wort „Journalism­us“. Wolfgang Trimmel, bis 2018 Leiter des Bundespres­sedienstes, hat soeben im „Falter“vorgeschla­gen, mit den insgesamt rund 800 Millionen Euro Medienförd­erung (inklusive öffentlich­er Inserate und Rundfunkge­bühr) einfach 10.000 Journalist­en zu finanziere­n. Erstens ginge sich das aus und zweitens wären das fast doppelt so viele wie heute. Es gibt verdächtig wenig Reaktion auf diese Provokatio­n. Denn viele Medieninha­lte entspringe­n nicht dem Journalism­us. Doch er muss den Verteilung­skampf in eigener Sache auch im demokratie­politische­n Sinne führen.

Peter Plaikner

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