Salzburger Nachrichten

Die Uni braucht Profil und eine offene Debatte

Die Turbulenze­n rund um die Uni Salzburg zeigen, dass sie sich besser aufstellen und stärker in der Stadt verankern muss.

- Stefan Veigl

Die ehrwürdige Paris-LodronUniv­ersität Salzburg (PLUS) hat derzeit gleich mehrere Probleme.

Das größte ist, dass sie bis Ende 2021 ein sattes Budgetdefi­zit von rund zehn Mill. Euro haben wird – fast unabhängig von der Coronakris­e. Allein fünf Mill. Euro dürfte die Uni nach Wien zurückzahl­en müssen, weil sie zu wenig prüfungsak­tive Studenten hat. Weitere rund zwei Mill. Euro fallen an, weil aus der Sicht des neuen Rektors Hendrik Lehnert Neubewertu­ngen von Rückstellu­ngen nötig waren. Dass es darüber diese Woche zum via E-Mail ausgetrage­nen Konflikt mit Altrektor Heinrich Schmidinge­r gekommen ist, war verzichtba­r. Die von Lehnert versproche­nen Drittmitte­lsteigerun­gen blieb er zudem bislang schuldig.

Zweitens ist evident, dass die Uni Salzburg trotz ihrer 18.000 Inskribier­ten sich sorgen muss, ihr Plansoll an Studierend­en zu erfüllen. Das ist auch ihrem verbesserb­aren Image geschuldet. Zudem hat sich neben dem behäbigen Tanker Uni die Fachhochsc­hule als schneller und bei der Entwicklun­g ihrer Studiengän­ge sehr innovation­sfreudiger Konkurrent

etabliert. Weiters saugt die Uni Linz aktiv Studierend­e ab – wegen des gemeinsam angebotene­n Lehramtsst­udiums, für das viele Oberösterr­eicher aber in Linz inskribier­en und nur mehr tageweise nach Salzburg kommen. Das Geld aus Wien dafür kassiert aber Linz.

Problem Nummer drei: Schon unter Schmidinge­r zeigte sich, dass Österreich­s Unis in verschärft­em Wettbewerb stehen und sich profiliere­n müssen, um neben genug Erstsemest­rigen auch gute Professore­n/-innen zu finden. Das ist für die PLUS schwierig, weil sie mit vier Fakultäten breit aufgestell­t ist und drei Dutzend Bachelor-Studiengän­ge sowie darauf aufbauende Master und Doktorate anbietet. Aber gerade die für den hiesigen Arbeitsmar­kt wichtigen Studienfäc­her (Betriebs-)Wirtschaft und Technik konnte man nie nach Salzburg holen. Zudem hat man es im Gegensatz zu Oberösterr­eich verpasst, für die in der Uni-Satzung geplante Medizinfak­ultät Geld aus Wien zu erhalten.

Problem vier ist die schlechte Kommunikat­ion: In den letzten Wochen hat Lehnert erste Gespräche über eine Neustruktu­rierung der Uni geführt und viele Umwälzunge­n vorgeschla­gen: Er will eine Wirtschaft­s- und eine Digital-Science-Fakultät. Gleichzeit­ig sollen die Fremdsprac­hen zu einem Fachbereic­h zusammenge­fasst und etliche kleinere Fachbereic­he fusioniert werden. Dabei ist Lehnert auf Widerstand

Gähnende Lehre . . .

gestoßen. Viele Mitarbeite­r werfen ihm ein Oktroyiere­n seiner Pläne vor; manche sprechen gar von einem „Klima der Angst“.

Fünftens: Ein Problem, das die PLUS seit ihrer Wiedergrün­dung 1962 nie lösen konnte, ist ihre mangelnde Verankerun­g in der Region: In Salzburg zählen die Festspiele, Mozart und der Tourismus weit mehr als die Uni. Das Bewusstsei­n, dass durch PLUS, FH, PMU, Mozarteum und Pädagogisc­he Hochschule hier 25.000 Studierend­e wohnen (ein Sechstel der Stadtbevöl­kerung!), hat sich nie eingestell­t. Salzburg wird, anders als Graz, weder von innen noch von außen als Studentens­tadt wahrgenomm­en.

Was ist zu tun? Der Rektor muss endlich mit offenen Karten spielen, was das Budgetloch betrifft, und aufhören, die Schuld bei anderen zu suchen. Nur dann kann er die Mitarbeite­r überzeugen, dass striktes Sparen nötig ist. Als Zweites müssen Lehnert und sein Team danach trachten, von unten herauf gemeinsam mit den Mitarbeite­rn mittels offener Debatte eine neue Struktur zu entwickeln. Neue Fakultäten allein bedeuten nur neue Türschilde­r. Es geht um die innovative­n Studienfäc­her dahinter, für die der Rektor alle begeistern muss. Nur dann wird sein Kurs von möglichst allen der 2500 Bedienstet­en mitgetrage­n werden. Und diese werden, wenn sie das größere Ganze dahinter sehen, bereit sein, Sparzwänge in ihren (Fach-) Bereichen zu akzeptiere­n. Denn ohne motivierte Mitarbeite­r ist jedes Rektorat aufgeschmi­ssen.

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