Die Uni braucht Profil und eine offene Debatte
Die Turbulenzen rund um die Uni Salzburg zeigen, dass sie sich besser aufstellen und stärker in der Stadt verankern muss.
Die ehrwürdige Paris-LodronUniversität Salzburg (PLUS) hat derzeit gleich mehrere Probleme.
Das größte ist, dass sie bis Ende 2021 ein sattes Budgetdefizit von rund zehn Mill. Euro haben wird – fast unabhängig von der Coronakrise. Allein fünf Mill. Euro dürfte die Uni nach Wien zurückzahlen müssen, weil sie zu wenig prüfungsaktive Studenten hat. Weitere rund zwei Mill. Euro fallen an, weil aus der Sicht des neuen Rektors Hendrik Lehnert Neubewertungen von Rückstellungen nötig waren. Dass es darüber diese Woche zum via E-Mail ausgetragenen Konflikt mit Altrektor Heinrich Schmidinger gekommen ist, war verzichtbar. Die von Lehnert versprochenen Drittmittelsteigerungen blieb er zudem bislang schuldig.
Zweitens ist evident, dass die Uni Salzburg trotz ihrer 18.000 Inskribierten sich sorgen muss, ihr Plansoll an Studierenden zu erfüllen. Das ist auch ihrem verbesserbaren Image geschuldet. Zudem hat sich neben dem behäbigen Tanker Uni die Fachhochschule als schneller und bei der Entwicklung ihrer Studiengänge sehr innovationsfreudiger Konkurrent
etabliert. Weiters saugt die Uni Linz aktiv Studierende ab – wegen des gemeinsam angebotenen Lehramtsstudiums, für das viele Oberösterreicher aber in Linz inskribieren und nur mehr tageweise nach Salzburg kommen. Das Geld aus Wien dafür kassiert aber Linz.
Problem Nummer drei: Schon unter Schmidinger zeigte sich, dass Österreichs Unis in verschärftem Wettbewerb stehen und sich profilieren müssen, um neben genug Erstsemestrigen auch gute Professoren/-innen zu finden. Das ist für die PLUS schwierig, weil sie mit vier Fakultäten breit aufgestellt ist und drei Dutzend Bachelor-Studiengänge sowie darauf aufbauende Master und Doktorate anbietet. Aber gerade die für den hiesigen Arbeitsmarkt wichtigen Studienfächer (Betriebs-)Wirtschaft und Technik konnte man nie nach Salzburg holen. Zudem hat man es im Gegensatz zu Oberösterreich verpasst, für die in der Uni-Satzung geplante Medizinfakultät Geld aus Wien zu erhalten.
Problem vier ist die schlechte Kommunikation: In den letzten Wochen hat Lehnert erste Gespräche über eine Neustrukturierung der Uni geführt und viele Umwälzungen vorgeschlagen: Er will eine Wirtschafts- und eine Digital-Science-Fakultät. Gleichzeitig sollen die Fremdsprachen zu einem Fachbereich zusammengefasst und etliche kleinere Fachbereiche fusioniert werden. Dabei ist Lehnert auf Widerstand
Gähnende Lehre . . .
gestoßen. Viele Mitarbeiter werfen ihm ein Oktroyieren seiner Pläne vor; manche sprechen gar von einem „Klima der Angst“.
Fünftens: Ein Problem, das die PLUS seit ihrer Wiedergründung 1962 nie lösen konnte, ist ihre mangelnde Verankerung in der Region: In Salzburg zählen die Festspiele, Mozart und der Tourismus weit mehr als die Uni. Das Bewusstsein, dass durch PLUS, FH, PMU, Mozarteum und Pädagogische Hochschule hier 25.000 Studierende wohnen (ein Sechstel der Stadtbevölkerung!), hat sich nie eingestellt. Salzburg wird, anders als Graz, weder von innen noch von außen als Studentenstadt wahrgenommen.
Was ist zu tun? Der Rektor muss endlich mit offenen Karten spielen, was das Budgetloch betrifft, und aufhören, die Schuld bei anderen zu suchen. Nur dann kann er die Mitarbeiter überzeugen, dass striktes Sparen nötig ist. Als Zweites müssen Lehnert und sein Team danach trachten, von unten herauf gemeinsam mit den Mitarbeitern mittels offener Debatte eine neue Struktur zu entwickeln. Neue Fakultäten allein bedeuten nur neue Türschilder. Es geht um die innovativen Studienfächer dahinter, für die der Rektor alle begeistern muss. Nur dann wird sein Kurs von möglichst allen der 2500 Bediensteten mitgetragen werden. Und diese werden, wenn sie das größere Ganze dahinter sehen, bereit sein, Sparzwänge in ihren (Fach-) Bereichen zu akzeptieren. Denn ohne motivierte Mitarbeiter ist jedes Rektorat aufgeschmissen.