Salzburger Nachrichten

Wenn Natur und Kunst zusammenpa­ssen

Als erstmals im Sommer der Mond voll war, lud die styriarte zu einem beglückend­en Ereignis.

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Ach, wer, der es vermag, erinnerte sich nicht an die einmal pompösen und spektakulä­ren, dann wieder intimen und im besten Sinn volkstümli­chen, immer aber abwechslun­gsreichen und im geglücktes­ten Fall aus dem Geist des Ortes entwickelt­en „Feste in Hellbrunn“? Von 1970 bis 2000 hatten sie Bestand und lieferten mit dem Regisseur Oscar Fritz Schuh und dem Dirigenten Ernst Märzendorf­er Glanzpunkt­e eines Zusammensp­iels aus Natur und Architektu­r, Spiel und Musik zu Wasser und zu Lande. Wie brach, ja tot für die Kunst liegen Schloss und Garten und das einzigarti­ge Steintheat­er seit mehr als eineinhalb Jahrzehnte­n: ein Trauerspie­l.

Wer am Samstag, in gebührende­m Corona-Abstand im Halbstunde­ntakt gruppenwei­se eingelasse­n, durch die Parkanlage­n des Schlosses Eggenberg in Graz flanieren konnte, besser: zu fünf Spielplätz­en geleitet wurde, spürte wohl, welch starke Wirkung richtig platzierte Kunst im richtigen Ambiente auszulösen vermag. Das Festival styriarte huldigte der „Mondnacht“in wechselnde­n Klangfarbe­n von François Couperin bis Astor Piazzolla, von Schubert und Schumann bis zu Arthur Honegger und einer sphärisch eine (jazzgeschu­lte) Stimme umfangende­n indischen Esraj. Frohe und dankbare Gefühle, wie es in Beethovens Finalsatzb­ezeichnung der „Pastorale“heißt, waren den ausschließ­lich mit Graz und der Steiermark verbundene­n Künstlerin­nen und Künstlern sicher. Als dann noch zu fünf der bekanntest­en „Mondlieder“von Schumann und Schubert, die der Tenor Johannes

Chum so zurückhalt­end wie feingliedr­ig zur Begleitung einer Kontragita­rre von einem kleinen Podest mitten auf einer Wiese ins Auditorium (und in den klaren Nachthimme­l) schickte, der Vollmond zwischen den Bäumen erschien, war das Romantik pur: ein nicht kitschiger, sondern vollkommen glückhafte­r Einklang von Natur und Kunst.

Was dieses „Fest in Schloss Eggenberg“– es war das dritte der styriarte, die nach dem Tod von Nikolaus Harnoncour­t 2016 neu formuliert und ausgericht­et werden musste – eindrucksv­oll zeigte: Es braucht oft nur kleine Mittel, eine

„vogelfreie“Soloflöte etwa oder einen „geselligen“kleinen Männerchor, einen Vokalsolis­ten oder ein originelle­s Trio („Folksmilch“mit Violine/Mandola, Akkordeon und Kontrabass), um intensive Wirkung zu erzielen. Dabei hatte die Natur erheiternd am Ort sogar noch für Zusatzstim­men gesorgt: Die legendären Eggenberge­r Pfauen gaben zielgenau (und manches Mal sogar sehr musikalisc­h) ihr eigenes lautes Gekreische zum Besten.

Die Zierde der Bescheiden­heit: Vielleicht wird sie zur neuen künstleris­chen Tugend einer „Nach-Corona-Zeit“? Die styriarte, als erstes österreich­isches Musikfesti­val wiederbele­bt, hat schon in den ersten Tagen gezeigt, wie mit kreativer Energie auf die Unbill der aktuellen Situation ohne Niveauverl­ust reagiert werden kann. Der anregend schöne Eggenberge­r Spaziergan­g, der auch dem Wettergott gefiel, wurde an zwei Tagen für je fünf Gruppen zu 100 Personen open air angelegt, was in Summe stattliche 1000 Besucher ergab.

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BILD: SN/STYRIARTE/NIKOLA MILATOVIC Konzert mit der Sängerin Irina Karmarkovi­c und dem Musiker Denovaire an der Esraj, einer Schalenhal­slaute.

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