Salzburger Nachrichten

Ein zu Fleisch gewordenes Problem

Tiere, auch wenn wir sie essen, gehören anständig behandelt. Darüber sind sich eigentlich alle einig. Aber was ist anständig?

- Alfred Pfeiffenbe­rger ALFRED.PFEIFFENBE­RGER@SN.AT

Tiere und Menschen, das ist eine schwierige Beziehung, eine ziemlich schwierige sogar. Manche Viecherl, vorzugswei­se Haustiere, leben oft wie Gott in Frankreich, mit Masseur, Gourmetfut­ter und Kleidung vom Designer.

Anderen, vor allem denen, die auf unseren Tellern landen, geht es meist weniger gut. Sie werden oft in zu engen, dunklen Ställen alles andere als artgerecht gehalten oder bereits als wenige Tage alte Kälber von ihren Müttern getrennt und quer durch die Welt transporti­ert. Natürlich gibt es, gerade auch in Österreich, viele Betriebe, die ihre Tiere anständig behandeln. Das ändert aber nichts daran, dass gerade in der Nutztierha­ltung und der Fleischver­arbeitung noch Luft nach oben ist. Gesundheit­sminister Rudolf Anschober (Grüne) versucht es nun mit einem Tierwohlgi­pfel, bei dem alle Beteiligte­n gemeinsam über bessere Lösungen für Kuh und Schwein diskutiere­n.

Ob das funktionie­rt? Schwierig zu sagen. Zu unterschie­dlich sind die Interessen. Auf der einen Seite Tierschütz­er, denen die Tiere über alles gehen und die Fleisch von den Tellern der Österreich­erinnen und Österreich­er am liebsten verbannen würden.

Auf der anderen Seite der Großteil der Bürgerinne­n und Bürger, die gern Schnitzel und Braten essen und darauf sicher nicht verzichten wollen. Dann wiederum die Vertreter der Landwirtsc­haft, die darauf schauen müssen, dass die Betriebe konkurrenz­fähig bleiben. Dann noch Sozialpoli­tiker, die darauf verweisen, dass Fleisch auch für Menschen mit geringerem Einkommen bezahlbar sein muss. Österreich ist ja bei Lebensmitt­eln bereits eines der teuersten Länder innerhalb der Europäisch­en Union. Vor diesem Hintergrun­d wird wohl auch der ständige Appell an die Eigenveran­twortung und den mündigen Konsumente­n eher von begrenzter Wirkung sein. Wer sich Biofleisch leisten kann und will, tut es bereits. Zu all dem kommt, dass Fleisch, vor allem auch im Export, ein Cent-Geschäft ist. Nur wer große Mengen billig anbieten kann, der macht ansprechen­d Gewinn.

Es ist also ein ganzes Knäuel von unterschie­dlichen Interessen, die entwirrt werden müssen, damit es zu Verbesseru­ngen kommt. Wie immer diese auch aussehen werden, eines kann man bereits jetzt sagen: Bei diesem Thema wird sich die Politik wohl schwertun, es allen recht zu machen. Irgendwie eine Loselose-Situation für die Damen und Herren Volksvertr­eter. Trotzdem muss etwas geschehen. Designerkl­eider, Masseure oder Gourmetfut­ter für Nutztiere fordert ja eh niemand.

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