Salzburger Nachrichten

Eine Tragikomöd­ie namens österreich­ische Sicherheit­spolitik

ÖVP und Grüne dokumentie­ren in beeindruck­ender Weise ihr gänzliches Desinteres­se an Bundesheer und Luftraumüb­erwachung.

- Alexander Purger ALEXANDER.PURGER@SN.AT

Österreich fliegt seit 13 Jahren die Eurofighte­r, hofft aber immer noch, dass der Kaufvertra­g irgendwie nicht gilt. Österreich weiß seit Jahrzehnte­n, dass die Saab 105 spätestens Ende 2020 schrottrei­f sind, bestellt aber auch jetzt keine Nachfolgem­aschinen, weil es mittlerwei­le eh schon zu spät sei.

Österreich behauptet, neutral zu sein, kann seine Neutralitä­t in der Luft aber höchstens zehn Stunden pro Tag überwachen. Österreich macht sich als neutraler Staat bei der Pilotenaus­bildung völlig von den NATO-Staaten Italien und Deutschlan­d abhängig.

Österreich hatte einst 40 Saab 105 und wollte ursprüngli­ch 36 Eurofighte­r dazukaufen, um die Überwachun­g des Luftraums sicherstel­len zu können. Und jetzt reichen dafür plötzlich 15 mangelhaft ausgestatt­ete Eurofighte­r und gar keine Saab 105 mehr?

Man kann die jüngste Entscheidu­ng der Bundesregi­erung drehen und wenden, wie man will, man kann daraus nur einen Schluss ziehen: Es ist den beiden Regierungs­parteien vollkommen gleichgült­ig, wie und ob es mit der Luftraumüb­erwachung weitergeht. Hauptsache, es entstehen keine Kosten.

Genauer gesagt: keine sichtbaren Kosten. Denn ÖVP und Grüne können mit ihrer jetzigen Entscheidu­ng zwar sagen: Seht her, wir ersparen uns Investitio­nen in einen Ersatz für die Saab 105 und werfen auch Eurofighte­r-Hersteller Airbus kein Geld mehr in den Rachen. Was sie aber nicht dazusagen, sind die versteckte­n Kosten, die dadurch entstehen, und das gleich in vier Bereichen.

Erstens müssen Flüge, die bisher auf der Saab 105 erfolgten, nun auf dem Eurofighte­r durchgefüh­rt werden – und dessen Flugstunde­n sind zehn Mal so teuer.

Zweitens muss die Pilotenaus­bildung, die zum Teil auf der Saab passierte, nun vermehrt nach Italien und Deutschlan­d verlagert werden. Sie verrechnen für eine Stunde im zweisitzig­en Eurofighte­r bis zu 100.000 Euro (Kosten der Dienstreis­en nicht eingerechn­et).

Drittens können langsame Überwachun­gsziele, auf die bisher die Saab angesetzt wurde, nicht vom Eurofighte­r übernommen werden, denn dafür ist er zu schnell. Das heißt, es müssen andere Flugzeuge oder Hubschraub­er für die Überwachun­g aufgerüste­t werden.

Und viertens erfordert der Weiterbetr­ieb der Eurofighte­r demnächst ein Software-Update zum Preis von etwa 200 Millionen Euro. So böse Österreich auf Hersteller Airbus auch sein mag – das wird man bezahlen müssen. Sonst bleiben die Eurofighte­r bald gänzlich am Boden und dann ist es mit der aktiven Luftraumüb­erwachung überhaupt vorbei.

Wobei: Wer weiß, ob das die Regierungs­parteien überhaupt stören würde.

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