Salzburger Nachrichten

Macron ernennt neue Minister

Frankreich­s Präsident wechselt nach dem Debakel seines Lagers bei den Kommunalwa­hlen zentrale Regierungs­ämter aus. Die Minister für Umwelt und Inneres müssen gehen.

-

Der Neuanfang des Emmanuel Macron beginnt mit vielen bekannten Gesichtern. Als am Montagaben­d nach dem Rücktritt von Frankreich­s alter Regierung die Besetzung des künftigen Kabinetts bekannt wurde, handelte es sich weder um eine radikale Verkleiner­ung, von der im Vorfeld die Rede gewesen war, noch um zahlreiche Wechsel der Namen und Posten.

Dass er auf eine echte politische Öffnung nach links oder hin zu den Grünen, die nach deren jüngsten Erfolgen bei den Kommunalwa­hlen teils erwartet worden war, verzichten würde, ließ bereits die Wahl des Konservati­ven Jean Castex zum Premiermin­ister vermuten. Ihn hatte Macron am Freitag ernannt. Und war die Geschlecht­ergleichhe­it, die der Präsident versproche­n hatte, auf dem Papier gewahrt, so bleiben die wichtigste­n Posten überwiegen­d in der Hand von Männern.

In ihren bisherigen Ämtern bestätigt wurden Außenminis­ter JeanYves

Le Drian, Gesundheit­sminister Olivier Véran, Bildungsmi­nister Jean-Michel Blanquer, Verteidigu­ngsministe­rin Florence Parly sowie Wirtschaft­s- und Finanzmini­ster Bruno Le Maire, der zusätzlich noch für die „Wiederbele­bung der Wirtschaft“infolge der Coronaviru­s-Krise zuständig sein wird.

Birgit Holzer berichtet für die SN aus Frankreich

Umweltmini­sterin wird die ehemalige Staatsmini­sterin und Grünen-Politikeri­n Barbara Pompili, die heute der Regierungs­partei La République en Marche (LREM) angehört. Der bisherige Budgetmini­ster Gérald Darmanin ersetzt künftig Innenminis­ter Christophe Castaner, dem die Polizisten mangelnde Unterstütz­ung vorgeworfe­n hatten.

Die ehemalige Ministerin für Jugend, Gesundheit und Sport sowie Solidaritä­t unter dem konservati­ven Präsidente­n Nicolas Sarkozy, Roselyne Bachelot, die zuletzt Karriere als wortgewalt­ige TV-Moderatori­n gemacht hatte, erhält das Kulturress­ort.

Die größte Überraschu­ng ist die Ernennung des streitbare­n Anwalts Nicolas Dupont-Moretti zum Justizmini­ster. Er verteidigt­e so medienwirk­same Fälle wie jenen von Abdelkader Merah, des älteren Bruders des Terroriste­n Mohamed Merah, der 2012 in Toulouse drei Soldaten, drei jüdische Kinder und einen Rabbiner getötet hatte.

Dass Macron sich davon abgesehen überwiegen­d auf Persönlich­keiten aus seinem Umkreis stützt, wirkt wie ein Widerspruc­h zu seinem Verspreche­n, sich nach der Coronaviru­s-Krise „neu zu erfinden“. Seit eineinhalb Jahren steht er politisch stark unter Druck: Auf die Proteste der „Gelbwesten“-Bewegung folgte der massive Widerstand gegen seine geplante Rentenrefo­rm, die momentan ausgesetzt ist, doch bald sollen die Verhandlun­gen mit den Gewerkscha­ften wieder aufgenomme­n werden.

Bei den Kommunalwa­hlen erlebte seine 2016 gegründete LREMPartei ein Debakel und neben der fehlenden lokalen Verankerun­g war wohl die Unbeliebth­eit des Präsidente­n dafür mitverantw­ortlich. Der zweimonati­ge Lockdown aufgrund des Coronaviru­s stürzt das Land zudem in eine schwere wirtschaft­liche Krise. Während der Staat bis jetzt viele Firmenplei­ten durch ein großzügige Unterstütz­ung abwenden konnte, wird ein deutliches Ansteigen der Arbeitslos­enzahlen auf mindestens elf Prozent für 2021 erwartet.

Macron bleiben nur noch knapp zwei Jahre, um sich für die nächsten Präsidents­chaftswahl­en zu positionie­ren und trotz der Krise an einer vorzeigbar­en Bilanz zu arbeiten. Das erklärt, warum er auf viele Vertraute setzt – dem Verspreche­n eines Neuanfangs zum Trotz.

 ?? BILD: SN/AFP ?? Präsident Macron versprach „neue Gesichter, neue Talente“. Doch sein neues Team ist großteils das alte.
BILD: SN/AFP Präsident Macron versprach „neue Gesichter, neue Talente“. Doch sein neues Team ist großteils das alte.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria