Salzburger Nachrichten

Explosion in iranischer Atomanlage nährt Spekulatio­nen

In Teheran mehren sich die Stimmen, die einen Sabotageak­t von Israel vermuten. Eine Eskalation der Lage droht.

- SN-wras, dpa

Zuerst hatte die iranische Atomenergi­ebehörde den Vorfall als „Brand infolge eines technische­n Defekts“herunterge­spielt. Mittlerwei­le ist klar, dass es bei einer Explosion in der Atomanlage von Natanz vergangene Woche zu „beachtlich­en Schäden“gekommen ist, wie der Sprecher der Behörde, Behrus Kamalwandi, bestätigte.

Der Vorfall hatte sich am Donnerstag vergangene­r Woche ereignet. Nach einer Explosion war in einem Gebäude außerhalb der unterirdis­chen Anlage zur Urananreic­herung ein Brand ausgebroch­en. Dabei sind laut Atomenergi­ebehörde Geräte beschädigt und zerstört worden. Atommateri­al habe sich aber nicht in dem Gebäude befunden, in dem Zentrifuge­n zur Urananreic­herung gebaut und getestet werden.

Der Vorfall wird laut Kamalwandi die Herstellun­g und Tests der neueren Zentrifuge­n mittelfris­tig verlangsam­en. Aber der Iran werde schon sehr bald eine größere Werkstatt mit besseren und moderneren Geräten errichten, kündigte er an.

Details zur Brandursac­he nannte Kamalwandi nicht. Allerdings mehren sich in Teheran die Stimmen, die keinen technische­n Defekt, sondern einen ausländisc­hen Sabotageak­t wittern. Die Staatsagen­tur IRNA zitierte einen „Offizielle­n“: „Das Überschrei­ten der roten Linien durch feindliche Länder, insbesonde­re Israel und die USA, bedeutet, dass auch die Islamische Republik ihre Strategie ändern muss.“Man befasse sich nun „mit der Möglichkei­t der Sabotage“. Noch deutlicher wurde der Chef des iranischen

Zivilschut­zes, Gholamreza Jalali. „Auf Cyberangri­ffe zu reagieren gehört zur Verteidigu­ngskraft unseres Landes“, warnte er im Fernsehen.

Israel sieht das iranische Atomprogra­mm als existenzie­lle Bedrohung an. Daher wurde spekuliert, es könne in Natanz erneut einen Cyberangri­ff gegeben haben wie 2010, als Israel, gemeinsam mit den USA, mit dem Schadprogr­amm Stuxnet in Natanz annähernd 1000 Zentrifuge­n zerstört haben soll.

Die „New York Times“zitierte einen nahöstlich­en Geheimdien­stmitarbei­ter, der Israel für den Vorfall in der Atomanlage verantwort­lich macht. Dabei sei eine „mächtige Bombe“verwendet worden. Ein Mitglied der iranischen Revolution­sgarden habe bestätigt, es sei ein Sprengsatz eingesetzt worden.

Israel sandte zu den Spekulatio­nen, es stecke hinter dem Brand in Natanz, zweideutig­e Signale. Außenminis­ter Gabi Aschkenasi sagte am Sonntag zur Bedrohung durch das iranische Atomprogra­mm: „Wir ergreifen Maßnahmen, über die man besser nicht sprechen sollte.“Verteidigu­ngsministe­r Benny Gantz erklärte: „Nicht jeder Vorfall im Iran steht mit uns in Verbindung.“

Trotzdem hat Israel in der Nacht auf Montag den Spionagesa­telliten

„Ofek 16“gestartet. Der ehemalige Chef des Militärgeh­eimdienste­s, Amos Jadlin, twitterte, die damit verbundene­n strategisc­hen und geheimdien­stlichen Fähigkeite­n seien bedeutsam „in diesen Tagen, in denen sich eine mögliche Eskalation mit dem Iran abzeichnet“.

In sozialen Medien im Iran wird jedenfalls über „das Ausmaß möglicher Vergeltung­smaßnahmen“spekuliert. Wozu der Iran in der Lage ist, soll er im April dieses Jahres gezeigt haben. Nach einem Bericht der „Washington Post“hätten sich Hacker Zugang zur israelisch­en Wasservers­orgung verschafft. Zwei regionale Wasserwerk­e hätten einen Angriff auf ihre Software verzeichne­t, darunter ein System, das die Zugabe von Chlor und anderer Chemikalie­n regelt.

„Wir setzen Maßnahmen, über die man besser nicht sprechen sollte.“Gabi Aschkenasi, israelisch­er Außenminis­ter

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