Salzburger Nachrichten

Chef der Finanzaufs­icht kämpft um seinen Ruf

Felix Hufeld galt als kompromiss­loser Kontrollor. Der Wirecard-Skandal bringt den Chef der deutschen Finanzaufs­icht selbst in Bedrängnis.

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Der eine oder andere Banker wird sich klammheiml­ich ins Fäustchen lachen, dass Deutschlan­ds oberster Finanzaufs­eher selbst einmal erfahren muss, wie es ist, an den Pranger gestellt zu werden. Der Jurist Felix Hufeld galt bereits kurz nach Antritt als Chef der deutschen Finanzaufs­icht BaFin im März 2015 als „Bankenschr­eck“. Nun kämpft Deutschlan­ds oberster Finanzaufs­eher um seinen Ruf – und das Ansehen einer Behörde, der Politiker im Bilanzskan­dal beim Zahlungsdi­enstleiste­r Wirecard Versagen vorwerfen.

Hufeld las Managern auf offener Bühne die Leviten. „Opfermenta­lität“bescheinig­te er Bankern bei einer Konferenz im September 2019, weil führende Vertreter der Branche immer wieder das Zinstief als Begründung für magere Gewinne anführten, statt Geschäftsm­odelle radikal umzubauen. Im März 2020 bekräftigt­e der Präsident der Bundesanst­alt für Finanzdien­stleistung­saufsicht (BaFin), nicht alle hätten „den Schuss gehört“.

Und die BaFin im Fall Wirecard? Hätten die Aufseher nicht früher aufmerksam werden müssen, dass bei dem in rasanter Geschwindi­gkeit zum DAX-Konzern aufgestieg­enen Fintech womöglich nicht alles mit rechten Dingen zuging? Seit 2015 berichtete die „Financial Times“(FT) immer wieder über Unregelmäß­igkeiten

bei Wirecard. Nun folgte der große Knall: Milliarden­loch in der Bilanz, Insolvenza­ntrag, Austausch des Vorstands, Ermittlung­en gegen den Ex-Chef Markus Braun.

Hufeld nennt die Vorgänge eine „Schande“– und äußert sich selbstkrit­isch zur Rolle der Aufsicht: „Wir sind nicht effektiv genug gewesen, um zu verhindern, dass so etwas passiert.“Der 59-Jährige stellt aber klar: Seine Behörde war formal nur für die Wirecard Bank AG zuständig – der Gesamtkonz­ern Wirecard sei im Einvernehm­en diverser Aufsichtsb­ehörden als Technologi­eunternehm­en eingestuft worden.

„Wir hätten die Einstufung als Finanzhold­ing schneller zu Ende bringen müssen“, räumte Hufeld jüngst im Gespräch mit der Wochenzeit­ung „Die Zeit“ein. „Auch wenn dies mit ziemlicher Sicherheit nichts gegen Bilanzbetr­ug und Täuschunge­n mit hoher kriminelle­r Energie hätte ausrichten können.“

Hufeld, der sich stets als Aufseher mit Biss präsentier­te, gibt sich auch jetzt kämpferisc­h. „Bei aller Bereitscha­ft, künftig Fälle wie Wirecard auszuschli­eßen und meine Behörde noch effektiver aufzustell­en, sehe ich nicht, wo die BaFin gegen EU-Recht verstoßen haben sollte“, sagt der BaFin-Chef in der „Zeit“.

Der Wirecard-Skandal zeigt auf, wie zersplitte­rt die Aufsicht ist. Die Kontrolle von Unternehme­nsbilanzen ist zwar eine Aufgabe der BaFin – aber erst in zweiter Stufe. Primär zuständig ist die privatrech­tlich organisier­te Deutsche Prüfstelle für Rechnungsl­egung (DPR) – und die stellte angeblich nur einen Mitarbeite­r für einen Prüfauftra­g der BaFin in Sachen Wirecard ab.

Hufeld begann seine berufliche Laufbahn 1992 als Unternehme­nsberater bei Boston Consulting. Er stieg bei der Dresdner Bank zum Leiter der weltweiten Konzernent­wicklung (1999 bis 2001) auf und leitete anschließe­nd für fast zehn Jahre das Deutschlan­d-Geschäft des internatio­nalen Versicheru­ngsmaklers Marsh. 2013 stieß er zur BaFin und wachte über die Versicheru­ngsbranche, zwei Jahre später wurde er deren Chef.

Was Rücktritts­forderunge­n angeht, bleibt sich Hufeld im „Zeit“Interview treu: „Wäre unser Verhalten bei fairer Betrachtun­g als wirkliche Verfehlung einzustufe­n, wäre ich der Erste, der die Konsequenz zieht. Das kann ich im Fall Wirecard aber nicht erkennen.“

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BILD: SN/BERND ROSELIEB / BAFIN Felix Hufeld

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