Salzburger Nachrichten

Oberösterr­eich ruft das Heer

Der Coronaausb­ruch im Land ob der Enns war bisher nicht zu stoppen. Land fordert Soldaten für Kontaktman­agement an. Weitere Infizierte in Schlachtbe­trieben.

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Oberösterr­eich hat ein Problem. Obwohl der Ausbruch des Coronaclus­ters bei einer Freikirche bereits mehr als eine Woche zurücklieg­t, sinkt die Zahl der neu infizierte­n Personen nicht. 40 bis 50 Frauen und Männer erkranken im Land ob der Enns, vor allem im Zentralrau­m, pro Tag neu an Covid-19. Die Schließung von Schulen und Kindergärt­en und die Tatsache, dass die Behörden die Infektions­ketten bisher lückenlos zurückverf­olgen konnten, haben an dieser Entwicklun­g nichts geändert. Allerdings sind die Kapazitäte­n in Oberösterr­eich am Ende. LH Thomas Stelzer (ÖVP) hat einen Assistenze­insatz beim österreich­ischen Bundesheer angeforder­t, um das Kontaktper­sonenmanag­ement trotz steigender Coronainfe­ktionszahl­en weiter effektiv betreiben zu können. Angesichts der steigenden Coronazahl­en will Oberösterr­eich die Tests zudem ausweiten. Jeder solle binnen 30 Minuten eine Teststatio­n erreichen können. Die Drive-ins des Roten Kreuzes werden von zwölf auf 16 aufgestock­t, die mobilen Teams ebenfalls verstärkt. Im Bedarfsfal­l will man auch die Laborkapaz­itäten erhöhen.

Seit Montag müssen in den Amtsgebäud­en der fünf besonders stark betroffene­n Bezirke (Stadt Linz, Stadt Wels, Urfahr-Umgebung, Bezirk Linz-Land, Bezirk Wels-Land) Schutzmask­en getragen werden. Insgesamt waren in Oberösterr­eich Montag früh 414 Personen an Covid-19 erkrankt, 22 Patienten befinden sich im Spital, 2853 Personen sind in Quarantäne. Falls die Zahlen nicht sinken, ist mit weiteren Beschränku­ngen

in den betroffene­n Bezirken zu rechnen. „Wir beurteilen die Lage von Tag zu Tag“, heißt es dazu aus dem Büro von Landeshaup­tmann Thomas Stelzer. Ein möglicher nächster Schritt wäre die Wiedereinf­ührung der generellen Maskenpfli­cht in den betroffene­n Bezirken. Inzwischen sind auch in fünf Schlachthö­fen in Oberösterr­eich Coronainfe­ktionen aufgetrete­n. Diese wurden durch ein von Gesundheit­sminister Rudolf Anschober (Grüne) initiierte­s Screeningp­rogramm entdeckt. Dabei werden Tausende Tests in besonders für die Ausbreitun­g des Virus geeigneten Organisati­onen, etwa Schlachthö­fen, gemacht.

Die Zahl der aktiv am Coronaviru­s erkrankten Menschen in Österreich liegt erstmals seit dem 19. Mai wieder über 1000. Nach den Zahlen des Innenminis­teriums waren am Montag 1012 Menschen an Covid-19 erkrankt. Bei den aktuell Erkrankten liegt Oberösterr­eich mit 414 derzeit an erster Stelle, gefolgt von Wien mit 347. 99 betrafen Niederöste­rreich, 59 die Steiermark. 31 Erkrankte gibt es in Salzburg, 26 in Tirol, 16 in Kärnten, 14 im Burgenland und sechs aktiv Erkrankte in Vorarlberg.

Franz Allerberge­r, Leiter des Bereichs Humanmediz­in der Agentur für Ernährungs­sicherheit (Ages), rechnet damit, dass das Coronaviru­s ein ständiger Begleiter der Österreich­erinnen und Österreich­er sein wird und im Herbst wieder verstärkt auftritt. „Ich glaube, wir können uns davon verabschie­den, dass das Virus auszurotte­n ist“, sagte Allerberge­r.

Die Regierung bereitet sich jedenfalls vor. Sie hat einen Antrag in den Nationalra­t eingebrach­t, dass die Sicherheit­sbehörden die Gesundheit­sbehörden bei der Nachverfol­gung von Coronakont­aktpersone­n und bei der Erhebung von Krankheits­symptomen unterstütz­en dürfen.

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