476 Jahre alte Tradition wurde doch nicht gebrochen
Wegen Corona sagten die Veranstalter heuer die Pinzgauer Wallfahrt ab, die mindestens seit 1544 stattfindet. Aber einige Wallfahrer gingen doch.
Die Coronapandemie führte zu Maßnahmen, die bis dahin undenkbar waren. Etwa zur Absage der Pinzgauer Wallfahrt von Rauris bzw. Fisch nach Heiligenblut, die seit mindestens 1544 stattfindet. Nicht einmal ein Verbot der Nationalsozialisten unterbrach die Tradition. Aber heuer konnten die Veranstalter wegen der Krankheit die Sicherheit von bis zu 3000 Wallfahrern nicht garantieren.
Rund 300 Unermüdliche machten sich dennoch auf den Weg. Auf eigene Faust und in Kleingruppen gingen sie am 28. Juni wie jedes Jahr über das Hochtor zur Kärntner Wallfahrtskirche und ein Teil feierte dort den
Gottesdienst. Pfarrer Alois Dürlinger sagte: „Ich bedanke mich bei allen, die gekommen sind. Und noch mehr bedanke ich mich bei denen, die zu Hause geblieben sind und die Wallfahrt im Geiste begleitet haben.“Dürlinger weihte eine Kerze mit der Inschrift: „Gestiftet im Jahr der Bedrängnis durch die Corona-Pandemie! Die Wallfahrer in Dank und Bitte!“Die Kerze schmücken außerdem Bilder der Pfarrkirchen
Heiligenblut und Bramberg, dem Ursprungsort der Wallfahrt, sowie einer Gruppe von Wallfahrern. Sie soll in Zukunft jedes Jahr beim Gottesdienst in Heiligenblut angezündet werden.
Wolfgang Machreich, aus Mittersill stammender Journalist und einer der 300 Teilnehmer der heurigen Wallfahrt, sagte: „Die wichtigste Motivation für diese Unverzagten, die unter Einhaltung der Sicherheitsbestimmungen
über den Tauern pilgerten, war die Aufrechterhaltung einer Pinzgauer Tradition, die voriges Jahr ihr 475-Jahr-Jubiläum gefeiert hat. Ein gewisser den Pinzgauern zugeschriebener Sturschädel dürfte vielleicht ebenfalls seinen Teil zum diesjährigen Bittgang beigetragen haben.“
Schließlich ließen sich die Pinzgauer nicht einmal von den Nationalsozialisten von der Wallfahrt abhalten. Diese hatten sie 1940 verboten, angeblich wegen dringender Erntearbeiten. Das hat aber 94 Pilger nicht abschrecken können. Eine davon war Wolfgang Machreichs Großmutter Maria. Sie ging 1940 für die gute Rückkehr ihres eingerückten Bruders mit. 1992 erzählte sie ihrem Enkel: „Die Kärntner Gendarmen haben uns drüben geschnappt, und so wie unsereins hat fünf Mark zahlen müssen. Die Bessergestellten haben schon mehr zahlen müssen, und eingesperrt sind sie auch worden. Gefürchtet haben wir uns nicht. Das war ein Brauch, und ich wüsste nicht, was sie uns noch mehr hätten strafen können. Geholfen hat es nicht viel. Der Toni ist in Norwegen dann gefallen.“
Das Gespräch mit seiner Großmutter hat Machreich in einem Buch über die Geschichte der Wallfahrt, das er zusammen mit dem Mittersiller Sattlermeister Günter Neumayr geschrieben hat, abgedruckt. Die beiden haben viele Dokumente über die Wallfahrt gesammelt. Die erste Erwähnung im Jahr 1544 findet sich in einem Rechnungsbuch der Pfarre Stuhlfelden. Demnach hat man in diesem Jahr 32 Pfennig für Kerzen für Heiligenblut ausgegeben. Vermutlich gab es die Wallfahrt auch davor schon. Der Ursprung ist nicht geklärt. Wohl bat man um Schutz vor Wölfen und der Pest.
„Pinzgauer Sturschädel dürfte einen Teil beigetragen haben.“