Klagswelle nach Bankenkrach
Rechtsanwälte bereiten Amtshaftungsklagen gegen die Republik vor. Die Neos wollen eine unabhängige Untersuchung nach dem Vorbild der Griss-Kommission.
WIEN. Der Zusammenbruch der Commerzialbank Mattersburg dürfte dem Bund eine Welle an Klagen bescheren. Rechtsanwalt Markus Spani, der sich auf ein Gutachten des Sachverständigen Oliver Lintner stützt, übte am Donnerstag heftige Kritik an den Kontrollorganen der Republik. Die Auffälligkeiten der Jahresabschlüsse 2008 bis 2018 hätten bemerkt werden müssen, heißt es in dem Gutachten. So etwa der Umstand, dass die Bilanzsumme der Regionalbank gegen den allgemeinen Trend rasant gewachsen sei oder dass das Verhältnis zwischen (angeblichen) Krediten und Guthaben nicht gestimmt habe. Im Ertragsvergleich kam der Gutachter auf eine mehr als doppelt so hohe Zinsspanne wie jene von vergleichbaren Banken im Land. Laut Anwalt Spani erhärtet sich der Verdacht, dass staatliche Organe ihre Aufsichtspflichten massiv verletzt haben, was eine Amtshaftungsklage gegen die Republik nahelege.
Schwere Geschütze fährt auch Rechtsanwalt Gerald Waitz gegen die FMA und den Aufsichtsrat der Commerzialbank auf. Seiner Ansicht nach war die Bestellung der Kanzlei TPA zum Wirtschaftsprüfer der Bank ab 2016 ein „schwerwiegenden Gesetzesverstoß“. Grund für diesen Vorwurf: Die FMA habe bereits 2015 zwei Prüfer von TPA wegen fataler Prüfungsmängel für fünf Jahre für Bankprüfungen gesperrt. „Nach dem Bankwesengesetz stellt dies einen Ausschlussgrund für weitere Prüfungstätigkeiten von TPA bei dieser Bank dar“, teilte der Anlegeranwalt in einer Aussendung mit. Gemeinsam mit einem Prozessfinanzierer bereitet er Musterklagen gegen die Republik und den Aufsichtsrat vor.
Neos-Mandatar Douglas Hoyos schlug am Donnerstag eine „unabhängige Untersuchungskommission“zur Aufarbeitung der Affäre vor. Als Vorbild dazu dient die sogenannte Griss-Kommission: Irmgard Griss, pensionierte Präsidentin des Obersten Gerichtshofs, war im März 2014 von damaligen Finanzminister Michael Spindelegger beauftragt worden, das Milliardendesaster rund um die Kärntner Hypo
Alpe Adria aufzuklären. Die einstige Spitzenrichterin nahm diesen Auftrag ernst und legte Ende 2014 einen Bericht vor, der dem Krisenmanagement von Bund und Land Kärnten ein miserables Zeugnis ausstellte. Die im Finanzministerium angesiedelte Finanzmarktaufsicht und die Nationalbank wurden im Endbericht der GrissKommission heftig kritisiert.
Die Einsetzung der GrissKommission nützte somit der Aufklärung des Bankendebakels, schadete der ÖVP aber in parteipolitischer Hinsicht. Denn die Kommissionschefin nutzte ihre Popularität für eine Karriere als Präsidentschaftskandidatin und Neos-Mandatarin und fischte in dieser Eigenschaft heftig im Teich der bürgerlichen Wähler.
All das mag mit ein Grund dafür sein, warum das Finanzministerium der Idee, eine Untersuchungskommission für die Commerzialbank einzusetzen, zwar interessiert, aber doch reserviert gegenübersteht. „Alles, was zur Aufklärung des burgenländischen Bankskandals hilft, ist selbstverständlich zu unterstützen“, wurde den SN beschieden. Man müsse aber den richtigen Zeitpunkt abwarten und exakt klären, was da eigentlich untersucht werden solle, hieß es.