Keine Hoch-Zeit und zwei Todesfälle
Die Journalistenausbildung verlässt Salzburg, und Addendum ist am Ende. Das ist ein doppelter Weckruf für Medienpolitik.
Wenn es die eigene Branche betrifft, sind für Medien schlechte Nachrichten keine guten Nachrichten. So wie über hervorragende Leistungen der Mitbewerber berichten sie auch zu wenig über Verluste in ihrem Metier. Gleich zwei solche Abgänge sind diese Woche zu beklagen. Das Kuratorium für Journalistenausbildung (KfJ) schließt seinen Gründungsstandort in Salzburg. Und Dietrich Mateschitz sperrt die von ihm ins Leben gerufene Rechercheplattform Addendum zu.
Das vom Red-Bull-Chef ermöglichte und von Ex-„Presse“-Chefredakteur Michael Fleischhacker geleitete Projekt ist 2017 mit dem Untertitel „Das, was fehlt“gestartet. Mit ausgezeichneten Journalisten in einem 60-köpfigen Team hat es diesen Anspruch zumindest so weit erfüllt, dass Addendum der Medienlandschaft fehlen wird. Für viele seiner aufwendigen Recherchen fehlt schlicht das Geld, wenn sie sich nicht ein Milliardär wie Mateschitz leistet.
So wie Österreichs traditionsreichste Journalistenausbildung für den Standort Salzburg das Geld fehlt. Der von Verlegern und Gewerkschaft gebildete Trägerverein des KfJ will sich keinen Stützpunkt außerhalb von Wien mehr leisten. Als Begründung dient die sinkende Zahl von Redakteuren, die immer weniger Zeit für Fortbildung haben. 2006 gab es in Österreich noch um ein Drittel mehr Journalisten als 2019. Und von den heute 5300 leben mehr als die Hälfte in Wien.
Das klingt nachvollziehbar. Einem Mäzen, der die Ziele einer gesellschaftlichen Wohltat nicht erreicht sieht, ist kaum vorzuwerfen, dass er sich dann ein anderes Projekt sucht. Er würde aber besser verstanden, wenn er sagte, welche Ziele verfehlt wurden.
Auch die sozialpartnerschaftlich organisierten Träger des KfJ sollen sich im heute heftigen Wettbewerb journalistischer Kaderschulen frei bewegen. Gerade weil überproportional viele Journalisten in der Hauptstadt sind, ist jedoch ein Standort abseits davon wichtig. Sie verwechseln zu oft Wien mit Österreich. Abgesehen davon gelingt Fortbildung besser weit weg vom Arbeitsplatz.
Das KfJ war 42 Jahre in Salzburg. Das ist eine symbolträchtige Zahl. Sie markiert das Ende eines Marathons. Gute Medienpolitik könnte ihn verlängern, indem sie in einer Presseförderung zur Journalistenaus- und -fortbildung auf Dezentralisierung achtet.
Addendum wurde keine drei Jahre alt. Der Mäzen zieht weiter. Als Verdienst seines Teams bleibt, vieles, was fehlt, geliefert zu haben. Gute Medienpolitik könnte auch das verlängern, indem sie ausreichend qualitative Presseförderung für investigative Recherchen anbietet.