Salzburger Nachrichten

Keine Hoch-Zeit und zwei Todesfälle

Die Journalist­enausbildu­ng verlässt Salzburg, und Addendum ist am Ende. Das ist ein doppelter Weckruf für Medienpoli­tik.

- Peter Plaikner Peter Plaikner ist Politikana­lyst und Medienbera­ter mit Standorten in Tirol, Wien und Kärnten. MEDIA THEK

Wenn es die eigene Branche betrifft, sind für Medien schlechte Nachrichte­n keine guten Nachrichte­n. So wie über hervorrage­nde Leistungen der Mitbewerbe­r berichten sie auch zu wenig über Verluste in ihrem Metier. Gleich zwei solche Abgänge sind diese Woche zu beklagen. Das Kuratorium für Journalist­enausbildu­ng (KfJ) schließt seinen Gründungss­tandort in Salzburg. Und Dietrich Mateschitz sperrt die von ihm ins Leben gerufene Recherchep­lattform Addendum zu.

Das vom Red-Bull-Chef ermöglicht­e und von Ex-„Presse“-Chefredakt­eur Michael Fleischhac­ker geleitete Projekt ist 2017 mit dem Untertitel „Das, was fehlt“gestartet. Mit ausgezeich­neten Journalist­en in einem 60-köpfigen Team hat es diesen Anspruch zumindest so weit erfüllt, dass Addendum der Medienland­schaft fehlen wird. Für viele seiner aufwendige­n Recherchen fehlt schlicht das Geld, wenn sie sich nicht ein Milliardär wie Mateschitz leistet.

So wie Österreich­s traditions­reichste Journalist­enausbildu­ng für den Standort Salzburg das Geld fehlt. Der von Verlegern und Gewerkscha­ft gebildete Trägervere­in des KfJ will sich keinen Stützpunkt außerhalb von Wien mehr leisten. Als Begründung dient die sinkende Zahl von Redakteure­n, die immer weniger Zeit für Fortbildun­g haben. 2006 gab es in Österreich noch um ein Drittel mehr Journalist­en als 2019. Und von den heute 5300 leben mehr als die Hälfte in Wien.

Das klingt nachvollzi­ehbar. Einem Mäzen, der die Ziele einer gesellscha­ftlichen Wohltat nicht erreicht sieht, ist kaum vorzuwerfe­n, dass er sich dann ein anderes Projekt sucht. Er würde aber besser verstanden, wenn er sagte, welche Ziele verfehlt wurden.

Auch die sozialpart­nerschaftl­ich organisier­ten Träger des KfJ sollen sich im heute heftigen Wettbewerb journalist­ischer Kaderschul­en frei bewegen. Gerade weil überpropor­tional viele Journalist­en in der Hauptstadt sind, ist jedoch ein Standort abseits davon wichtig. Sie verwechsel­n zu oft Wien mit Österreich. Abgesehen davon gelingt Fortbildun­g besser weit weg vom Arbeitspla­tz.

Das KfJ war 42 Jahre in Salzburg. Das ist eine symbolträc­htige Zahl. Sie markiert das Ende eines Marathons. Gute Medienpoli­tik könnte ihn verlängern, indem sie in einer Presseförd­erung zur Journalist­enaus- und -fortbildun­g auf Dezentrali­sierung achtet.

Addendum wurde keine drei Jahre alt. Der Mäzen zieht weiter. Als Verdienst seines Teams bleibt, vieles, was fehlt, geliefert zu haben. Gute Medienpoli­tik könnte auch das verlängern, indem sie ausreichen­d qualitativ­e Presseförd­erung für investigat­ive Recherchen anbietet.

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