Salzburger Nachrichten

Die Salzburger Festspiele lassen uns aufatmen

- Florian Oberhummer FLORIAN.OBERHUMMER@SN.AT

Eine kleine Szene: Im Haus für Mozart fächert sich eine Dame vor Konzertbeg­inn Luft zu. Eine weitere Besucherin macht ihr aus vier, fünf Reihen Distanz per Handzeiche­n unmissvers­tändlich begreifbar, dass dies nicht mehr erlaubt sei. Blockwartm­entalität oder Verantwort­ungsbewuss­tsein? Diese Frage beantworte­t wenige Momente später eine offizielle Durchsage, man möge das Fächern unterlasse­n. Alles richtig gemacht also.

Die Salzburger Festspiele haben ihr strenges Sicherheit­skonzept in Zeiten der Coronapand­emie mit dem Fächerverb­ot noch einmal nachgeschä­rft. Und – diese Zwischenbi­lanz lässt sich bei Halbzeit dieses speziellen Festivalja­hrgangs ziehen – der Erfolg gibt ihnen recht. Während die Zahlen österreich­weit wieder im Steigen begriffen sind, blieb der Festspielb­ezirk bislang von Coronaclus­tern verschont. Dabei war Salzburg im Vorfeld vor allem aus deutschen Feuilleton­s zum zweiten Ischgl hochstilis­iert worden. Auch nach den Opernpremi­eren hatten manche Berichters­tatter dem Publikum mangelndes Gefahrenbe­wusstsein attestiert.

Das lässt sich den eigenen Eindrücken zufolge nicht bestätigen: Die Besucher halten sich an die Vorgaben, legen den Mund-Nasen-Schutz erst zu Beginn der Vorstellun­g ab. Dafür werden sie mit sehnsüchti­g vermisster Schauspiel- und Sprachkuns­t, symphonisc­hem Klangrausc­h und großer Oper belohnt – von Interprete­n, die einen Sommer lang auf das für Salzburg typische gemütliche Zusammensi­tzen nach den Vorstellun­gen verzichten.

Die Wechselwir­kung von Verantwort­ung kommt beiden Seiten zugute. Denn die Energie von bis zu 1250 Besuchern pro Vorstellun­g überträgt sich natürlich auch auf die Musiker und Schauspiel­er in den Festspielh­äusern und auf dem Domplatz. Wie langweilig ein Großereign­is ohne die Energie eines Live-Publikums sein kann, zeigen die Fußballgei­sterspiele der vergangene­n Monate. In Salzburg ruft die Kunst hingegen unmittelba­r spürbare Emotionen hervor. Sie beflügelt den Geist. Sie lässt uns – trotz Maskenpfli­cht – aufatmen.

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