Die Zeit arbeitet fast immer mit
Von Barock bis Shutdown reichen Einflüsse in einer Schau im Traklhaus.
SALZBURG. Distanz halten, Maske tragen: Mit den Maßnahmen zur Eindämmung des Coronarisikos sei heuer einerseits „eine neue Antikörperlichkeit“in den Alltag eingezogen, sagt Isabella Kohlhuber. Andererseits seien Gegenstände wie die Seife zum Händewaschen zum ständig greifbaren Symbol einer anderen Art von Körperlichkeit geworden. Eine der jüngsten Arbeiten der Salzburger Künstlerin, die in ihrer Ausstellung im Studio der Galerie Kunst im Traklhaus zu sehen sind, ist deshalb eine große, eckige, tiefschwarze Seife. Aus natürlichen Ölen und Asche hat Kohlbacher deren massiven Korpus geformt. Dass er in den kommenden Wochen zerfließen, also ebenso seine Gestalt verändern wird wie sein Seifenhalter, der aus noch feuchtem, ungebranntem Ton gefertigt und damit vor äußeren Einwirkungen ungeschützt ist, sei Teil des Konzepts. „Die Zeit ist ein wiederkehrendes Thema meiner Arbeit“, erzählt die Künstlerin. Zu sehen ist das etwa auch in großformatigen Bildern, auf denen sie mit Tuschestift so akribisch fein und eng gesetzte Querlinien zeichnet, dass daraus hypnotisch-abstrakte Strukturen wachsen.
Indirekt hat der Covid-19-Shutdown auch das Zeitkonzept der drei Künstler beeinflusst, deren Arbeiten im großen Ausstellungsraum zu sehen sind. Im Rahmen eines Kooperationsprogramms zwischen Traklhaus und der Städtischen Galerie Cordonhaus im bayerischen Cham wurden das Künstlerduo Hanakam & Schuller sowie Raoul Kaufer heuer für eine gemeinsame Schau nominiert. Eigentlich für Mai geplant, konnte sie in Cham Ende Juni eröffnet werden – als erste Ausstellung nach dem Neustart des Kulturlebens.
Jetzt sind etwa die großen Holzschlitten, die Markus Hanakam und Roswitha Schuller nach Plänen des Barockkünstles Arcimboldo rekonstruiert haben, nach Salzburg übersiedelt. Das Spiel mit kunsthistorischen Verweisen und zeitgenössischen Gegenständen, barocken Allegorien
und digitaler Medienkunst, zieht sich bei dem Duo durch. „Indem wir Objekte neu konfigurieren, bauen wir eine eigene Welt“, sagen Hanakam & Schuller.
Die Welt zerlegen und neu konstruieren ist indes das Prinzip in den Serien von Raoul Kaufer: Ausgangspunkt sind Fotos von Gebäuden wie dem Bahnhof Wien Mitte, die er digital in Einzelteile zerlegt und mithilfe eines 3D-Programms zu komplex geschichteten und verschachtelten Gebilden umbaut. „Ich verleihe ihnen eine andere Wirklichkeitsmatrix“, sagt der deutsche Künstler, der sich in seinen Arbeiten mit einem stark dehnbaren Zeitbegriff beschäftigt: „Mir geht es immer um die Unendlichkeit.“
Ausstellung: