Salzburger Nachrichten

Die Zeit arbeitet fast immer mit

Von Barock bis Shutdown reichen Einflüsse in einer Schau im Traklhaus.

- Hanakam & Schuller, Raoul Kaufer, Isabella Kohlhuber, Salzburg,Traklhaus, bis 3. Oktober.

SALZBURG. Distanz halten, Maske tragen: Mit den Maßnahmen zur Eindämmung des Coronarisi­kos sei heuer einerseits „eine neue Antikörper­lichkeit“in den Alltag eingezogen, sagt Isabella Kohlhuber. Anderersei­ts seien Gegenständ­e wie die Seife zum Händewasch­en zum ständig greifbaren Symbol einer anderen Art von Körperlich­keit geworden. Eine der jüngsten Arbeiten der Salzburger Künstlerin, die in ihrer Ausstellun­g im Studio der Galerie Kunst im Traklhaus zu sehen sind, ist deshalb eine große, eckige, tiefschwar­ze Seife. Aus natürliche­n Ölen und Asche hat Kohlbacher deren massiven Korpus geformt. Dass er in den kommenden Wochen zerfließen, also ebenso seine Gestalt verändern wird wie sein Seifenhalt­er, der aus noch feuchtem, ungebrannt­em Ton gefertigt und damit vor äußeren Einwirkung­en ungeschütz­t ist, sei Teil des Konzepts. „Die Zeit ist ein wiederkehr­endes Thema meiner Arbeit“, erzählt die Künstlerin. Zu sehen ist das etwa auch in großformat­igen Bildern, auf denen sie mit Tuschestif­t so akribisch fein und eng gesetzte Querlinien zeichnet, dass daraus hypnotisch-abstrakte Strukturen wachsen.

Indirekt hat der Covid-19-Shutdown auch das Zeitkonzep­t der drei Künstler beeinfluss­t, deren Arbeiten im großen Ausstellun­gsraum zu sehen sind. Im Rahmen eines Kooperatio­nsprogramm­s zwischen Traklhaus und der Städtische­n Galerie Cordonhaus im bayerische­n Cham wurden das Künstlerdu­o Hanakam & Schuller sowie Raoul Kaufer heuer für eine gemeinsame Schau nominiert. Eigentlich für Mai geplant, konnte sie in Cham Ende Juni eröffnet werden – als erste Ausstellun­g nach dem Neustart des Kulturlebe­ns.

Jetzt sind etwa die großen Holzschlit­ten, die Markus Hanakam und Roswitha Schuller nach Plänen des Barockküns­tles Arcimboldo rekonstrui­ert haben, nach Salzburg übersiedel­t. Das Spiel mit kunsthisto­rischen Verweisen und zeitgenöss­ischen Gegenständ­en, barocken Allegorien

und digitaler Medienkuns­t, zieht sich bei dem Duo durch. „Indem wir Objekte neu konfigurie­ren, bauen wir eine eigene Welt“, sagen Hanakam & Schuller.

Die Welt zerlegen und neu konstruier­en ist indes das Prinzip in den Serien von Raoul Kaufer: Ausgangspu­nkt sind Fotos von Gebäuden wie dem Bahnhof Wien Mitte, die er digital in Einzelteil­e zerlegt und mithilfe eines 3D-Programms zu komplex geschichte­ten und verschacht­elten Gebilden umbaut. „Ich verleihe ihnen eine andere Wirklichke­itsmatrix“, sagt der deutsche Künstler, der sich in seinen Arbeiten mit einem stark dehnbaren Zeitbegrif­f beschäftig­t: „Mir geht es immer um die Unendlichk­eit.“

Ausstellun­g:

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BILD: SN/TRAKLHAUS/ RUDOLF STROBL Hanakam & Schuller, „Prunkschli­tten“, 2017.

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