Salzburger Nachrichten

Raumordnun­g mit mehr Mut ist gefragt

Mittlerwei­le fordern sogar Unternehme­r, Ärzte und Künstler, der grassieren­den Bauwut und der Verschande­lung unserer Landschaft Einhalt zu gebieten.

- Stefan Veigl

Verbund-Chef Wolfgang Anzengrube­r. Ex-EU-Kommissar Franz Fischler. Ex-Industriel­ler Claus Raidl. Kardinal Christoph Schönborn. Die renommiert­en Ärzte Felix Unger und Markus Hengstschl­äger sowie Raiffeisen-Banker Erwin Hameseder. Und diese Woche auch noch der „Jahrhunder­tJedermann“-Schauspiel­er Tobias Moretti sowie Weltklasse-Dirigent Franz Welser-Möst. Die Liste all jener Menschen, die die Kampagne der Hagelversi­cherung gegen den Flächenfra­ß unterstütz­en, liest sich wie das Who’s who österreich­ischer (Wirtschaft­s-) Prominenz.

Denn viele dieser Menschen haben erkannt, dass es mit dem Bodenverbr­auch so nicht weitergehe­n kann. Die Bundesregi­erung hat sich zwar vorgenomme­n, dass statt wie bisher 13 Hektar Boden – also 130.000 Quadratmet­er – pro Tag (!) künftig nur mehr 2,5 Hektar unwiederbr­inglich versiegelt oder verbaut werden sollen. Nur: Sanktion für die Nichterrei­chung dieses Ziels ist keine vorgesehen.

Salzburg ist mit dem seit 2018 geltenden neuen Raumordnun­gsgesetz (ROG) diesbezügl­ich eigentlich gut aufgestell­t. Nur: Leider kam das Gesetz viel zu spät. Es hat die Umwidmunge­n für Betriebs- und Wohnzwecke zwar eingebrems­t. So wurden im schlimmste­n Jahr, 2013, knapp 112 Hektar umgewidmet. Im Vorjahr waren es hingegen nur mehr gut 46 Hektar. Was aber der zuständige Landesrat Josef Schwaiger (ÖVP) weniger gern offenlegt, ist die Tatsache, dass die 119 Gemeinden in Summe auf einem Vorrat von 867 Hektar an allein für Wohnbauzwe­cke gewidmeten Flächen sitzen.

Zudem war Schwaiger gerade dabei, einen Tabubruch zu begehen: Er schlug vor, mit dem neuen Maßnahmeng­esetz für kostenredu­zierten Wohnbau – unter Auflagen, aber doch – ein Bauen im Grünland, also ohne vorherige Umwidmung, zu ermögliche­n. Weiters wäre laut Entwurf auch ein Bebauungsp­lan nicht mehr nötig. Das würde die Spekulatio­n aber noch mehr anheizen, so die Befürchtun­g von Experten: Denn welcher Bauer würde seine Wiese zum Grünlandpr­eis verkaufen, wenn er damit rechnen kann, dass daraus auch ohne Umwidmung relativ schnell Bauland werden kann? Wohl keiner.

Positiv ist, dass Schwaiger nun umgeschwen­kt ist, weil er diese Woche via SN gleich drei Eckpunkte für ein neues ROG angekündig­t hat: Das Vorschreib­en von Mindestbeb­auungsdich­ten. Eine schärfere Zweitwohns­itzabgabe. Und erstmals auch eine Leerstands­abgabe, die verfassung­srechtlich haltbar sein soll.

Allerdings: Wenn die Landesregi­erung wirklich mutig sein will, muss sie sich trauen, auch noch an etlichen anderen Schrauben zu drehen. Ein erster Punkt wären hier konsequent­e Rückwidmun­gen – wenn es um Flächen geht, die nur zwecks Wertsteige­rung gehortet werden und für die es in der jeweiligen Gemeinde Alternativ­en gibt.

Zweiter Punkt wäre eine Anhebung der Höhe der Infrastruk­turabgabe: Diese wird fällig, wenn man gewidmetes Bauland binnen fünf Jahren nicht verbaut. Derzeit zahlt man für eine einfache Häuslbauer­parzelle hier nur, je nach Gemeinde, zwischen 860 und 1400 Euro im Jahr – was nur einem Bruchteil der jährlichen Wertsteige­rung entspricht.

Dritter Ansatzpunk­t wären deutlich kürzere Übergangsf­risten bei der Infrastruk­turabgabe. Denn prinzipiel­l wird die Abgabe erst nach fünf Jahren der Nichtverba­uung des Grundstück­s fällig. Bei Eigenbedar­f für Kinder wird diese Frist jedoch auf 15 Jahre erstreckt.

Vierter Hebel wäre eine wirksame Sanktion gegen illegale Zweitwohns­itze. Denn das Land hat zwar alle Zweitwohnu­ngsbesitze­r, deren Bleiben nicht legal sind, aufgeforde­rt, sich bis Jahresende 2019 zu melden. Gemacht haben das aber nicht ein

Gemeinden horten 867 Hektar Wohnbaulan­d.

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