Raumordnung mit mehr Mut ist gefragt
Mittlerweile fordern sogar Unternehmer, Ärzte und Künstler, der grassierenden Bauwut und der Verschandelung unserer Landschaft Einhalt zu gebieten.
Verbund-Chef Wolfgang Anzengruber. Ex-EU-Kommissar Franz Fischler. Ex-Industrieller Claus Raidl. Kardinal Christoph Schönborn. Die renommierten Ärzte Felix Unger und Markus Hengstschläger sowie Raiffeisen-Banker Erwin Hameseder. Und diese Woche auch noch der „JahrhundertJedermann“-Schauspieler Tobias Moretti sowie Weltklasse-Dirigent Franz Welser-Möst. Die Liste all jener Menschen, die die Kampagne der Hagelversicherung gegen den Flächenfraß unterstützen, liest sich wie das Who’s who österreichischer (Wirtschafts-) Prominenz.
Denn viele dieser Menschen haben erkannt, dass es mit dem Bodenverbrauch so nicht weitergehen kann. Die Bundesregierung hat sich zwar vorgenommen, dass statt wie bisher 13 Hektar Boden – also 130.000 Quadratmeter – pro Tag (!) künftig nur mehr 2,5 Hektar unwiederbringlich versiegelt oder verbaut werden sollen. Nur: Sanktion für die Nichterreichung dieses Ziels ist keine vorgesehen.
Salzburg ist mit dem seit 2018 geltenden neuen Raumordnungsgesetz (ROG) diesbezüglich eigentlich gut aufgestellt. Nur: Leider kam das Gesetz viel zu spät. Es hat die Umwidmungen für Betriebs- und Wohnzwecke zwar eingebremst. So wurden im schlimmsten Jahr, 2013, knapp 112 Hektar umgewidmet. Im Vorjahr waren es hingegen nur mehr gut 46 Hektar. Was aber der zuständige Landesrat Josef Schwaiger (ÖVP) weniger gern offenlegt, ist die Tatsache, dass die 119 Gemeinden in Summe auf einem Vorrat von 867 Hektar an allein für Wohnbauzwecke gewidmeten Flächen sitzen.
Zudem war Schwaiger gerade dabei, einen Tabubruch zu begehen: Er schlug vor, mit dem neuen Maßnahmengesetz für kostenreduzierten Wohnbau – unter Auflagen, aber doch – ein Bauen im Grünland, also ohne vorherige Umwidmung, zu ermöglichen. Weiters wäre laut Entwurf auch ein Bebauungsplan nicht mehr nötig. Das würde die Spekulation aber noch mehr anheizen, so die Befürchtung von Experten: Denn welcher Bauer würde seine Wiese zum Grünlandpreis verkaufen, wenn er damit rechnen kann, dass daraus auch ohne Umwidmung relativ schnell Bauland werden kann? Wohl keiner.
Positiv ist, dass Schwaiger nun umgeschwenkt ist, weil er diese Woche via SN gleich drei Eckpunkte für ein neues ROG angekündigt hat: Das Vorschreiben von Mindestbebauungsdichten. Eine schärfere Zweitwohnsitzabgabe. Und erstmals auch eine Leerstandsabgabe, die verfassungsrechtlich haltbar sein soll.
Allerdings: Wenn die Landesregierung wirklich mutig sein will, muss sie sich trauen, auch noch an etlichen anderen Schrauben zu drehen. Ein erster Punkt wären hier konsequente Rückwidmungen – wenn es um Flächen geht, die nur zwecks Wertsteigerung gehortet werden und für die es in der jeweiligen Gemeinde Alternativen gibt.
Zweiter Punkt wäre eine Anhebung der Höhe der Infrastrukturabgabe: Diese wird fällig, wenn man gewidmetes Bauland binnen fünf Jahren nicht verbaut. Derzeit zahlt man für eine einfache Häuslbauerparzelle hier nur, je nach Gemeinde, zwischen 860 und 1400 Euro im Jahr – was nur einem Bruchteil der jährlichen Wertsteigerung entspricht.
Dritter Ansatzpunkt wären deutlich kürzere Übergangsfristen bei der Infrastrukturabgabe. Denn prinzipiell wird die Abgabe erst nach fünf Jahren der Nichtverbauung des Grundstücks fällig. Bei Eigenbedarf für Kinder wird diese Frist jedoch auf 15 Jahre erstreckt.
Vierter Hebel wäre eine wirksame Sanktion gegen illegale Zweitwohnsitze. Denn das Land hat zwar alle Zweitwohnungsbesitzer, deren Bleiben nicht legal sind, aufgefordert, sich bis Jahresende 2019 zu melden. Gemacht haben das aber nicht ein
Gemeinden horten 867 Hektar Wohnbauland.