Salzburger Nachrichten

Staatsbürg­er Kann man Impfen befehlen?

Wirkung und Nebenwirku­ng. Je schneller ein Impfstoff zugelassen wird, umso größer können auch die damit verbundene­n Risiken sein.

- MARTIN KIND

Die viel diskutiert­e Impfpflich­t gegen Covid-19 spaltet das Land. Eine Impfpflich­t oder -empfehlung wird es dennoch nicht so leicht geben. Ein Grund dafür sind neben politische­n Erwägungen vor allem rechtliche Gründe. Das Haftungsri­siko könnte zu hoch sein.

Das Impfschade­ngesetz bietet den – seltenen – Fall einer öffentlich-rechtliche­n Gefährdung­shaftung. Unter welchen Voraussetz­ungen räumt dieses Gesetz einen öffentlich-rechtliche­n Anspruch auf Entschädig­ung gegen den Bund ein? Unabhängig von einem rechtswidr­igen Verhalten und einem Verschulde­n des Impfenden reicht im Grunde der bloß ursächlich­e Zusammenha­ng zwischen einer Schutzimpf­ung, die eine Person in Befolgung einer gesetzlich­en Verpflicht­ung auf sich genommen hat und die primär im Interesse der Allgemeinh­eit statuiert wurde, und danach aufgetrete­nen Schäden des Geimpften. Die gegen den Bund zu richtenden Ansprüche sind im Verwaltung­sweg geltend zu machen.

Die Impfung muss in Österreich erfolgt sein. Anspruch auf Entschädig­ung haben in diesen Fällen jedoch auch nicht-österreich­ische Staatsbürg­er.

Das Impfschade­ngesetz regelt nicht, welche Schäden konkret ersatzfähi­g sind, sondern zählt taxativ jene Leistungen auf, die nach dem Gesetz erbracht werden. Dazu zählen:

• Beschädigt­enrente ab dem 15. Lebensjahr, wenn die Erwerbsfäh­igkeit infolge der Impfung länger als drei Monate um mindestens 20 Prozent gemindert ist • Erhöhungsb­etrag für Schwerbesc­hädigte, einkommens­abhängig

• Pflegezula­ge (Pflegebeit­rag vor dem

15. Lebensjahr)

• Übernahme der Kosten für die Behandlung zur Besserung oder Heilung des Impfschade­ns

• Übernahme von Rehabilita­tionskoste­n • Auszahlung einer einmaligen Entschädig­ung, wenn eine Person durch die Impfung keinen dauerhafte­n gesundheit­lichen Schaden, jedoch eine schwere Körperverl­etzung erlitten hat • Sterbegeld, Witwen- und Waisenrent­e, wenn der oder die Angehörige durch den Impfschade­n gestorben ist

Im Übrigen bleiben darüber hinausgehe­nde Ansprüche aufgrund anderer Rechtsvors­chriften (zum Beispiel im Allgemeine­n Bürgerlich­en Gesetzbuch oder im Amtshaftun­gsgesetz) unberührt. Dabei kann es sich um Amtshaftun­gsansprüch­e handeln, falls eine Impfung von einem Amtsarzt in Vollziehun­g der Gesetze vorgenomme­n wird (zum Beispiel bei einer „Schulimpfu­ng“).

Im Sinn des § 5 Impfschade­ngesetz unberührt bleibende Ansprüche sind aber auch Schadeners­atzansprüc­he aus einem ärztlichen Behandlung­svertrag: Wenn zum Beispiel der Arzt den Patienten vor der Impfung nur mangelhaft über etwaige Nebenwirku­ngen und Risiken aufgeklärt hat.

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Martin Kind ist Univ.-Doz. an der Universitä­t Wien.

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