Salzburger Nachrichten

Die Ampel oder: Wie man rasende Landesväte­r besänftigt

Der Mangel an persönlich­en Begegnunge­n bringt den Bundesstaa­t Österreich in eine bedauerlic­he Schieflage.

- Alexander Purger WWW.SN.AT/PURGERTORI­UM

Wissen Sie, was Landespoli­tiker und Autofahrer gemeinsam haben? Beide werden echt sauer, wenn die Ampel nicht grün ist. Schaltet diese auf Gelb oder Orange, geben sie erst so richtig Gas. Und wenn die Ampel gar auf Rot springt, ist noch lange nicht gesagt, dass sie das Signal auch wirklich beachten.

Denn wenn die Ampel nicht grün ist, dann ist der betreffend­e Landeshaup­tmann der Regierung in Wien gar nicht grün. Ganz im Gegenteil: Er wird rasend und verflucht sie wie der Autofahrer die Radarfalle.

Dass sich die Beziehunge­n zwischen Bund und Ländern so rasant verschlech­tern, hängt mit Corona zusammen. Denn mangels persönlich­er Begegnunge­n sind die üblichen Besänftigu­ngsrituale zwischen Regierung und Landeshaup­tleuten derzeit kaum möglich.

Nehmen wir nur das Händeschüt­teln. Dieser schöne Brauch wurde von unseren Altvordern erfunden, damit man einander beweisen kann, keine versteckte­n Waffen in der Hand zu tragen. Wegen Corona gibt es derzeit aber keine Treffen und damit kein Händeschüt­teln. Kein Landeshaup­tmann kann also wissen, ob der Bundeskanz­ler oder der Gesundheit­sminister nicht vielleicht eine rote Ampel in der Faust versteckt hält. Das treibt den Landesväte­rn die Zornesröte ins Gesicht, ist ja logisch.

Ein Besänftigu­ngsritual, das derzeit ebenfalls nicht möglich ist, ist das Kleinmache­n. Wenn in der Tierwelt ein Unter- einem Überlegene­n begegnet, macht er sich ganz klein und tut so, als wäre er überhaupt nicht da. In der Menschenwe­lt hat sich das im Kniefall oder im Aufden-Bauch-Werfen erhalten, wie es die orientalis­chen Despoten einst verlangten.

Und was, bitte, ist ein orientalis­cher Despot gegen einen österreich­ischen Landeshaup­tmann? Mit Fug und Recht kann dieser daher erwarten, dass jeder Bundespoli­tiker vor ihm einen Bauchfleck macht. Aber auch das geht derzeit nicht. Und ein Bauchfleck per Videokonfe­renz? Das ist nur der halbe Spaß.

Apropos Kleinmache­n: Junge Hunde besänftige­n große Artgenosse­n dadurch, dass sie sich auf den Rücken werfen und einen kleinen Springbrun­nen erzeugen. Das wäre von der Bundesregi­erung auf ihren Bundesländ­er-Tagen aber wirklich zu viel verlangt.

Ein hübsches Besänftigu­ngsritual ist schließlic­h das Gastgesche­nk. Ein Vogel, der einen anderen in dessen Nest besucht, bringt einen fetten Wurm mit, um dem Haus- bzw. Nestherrn den Schnabel zu stopfen und nicht zu riskieren, von ihm gezwickt zu werden. Deswegen hat ja die Bundesregi­erung, ehe sie die Ampel für Linz auf Zartgelb schaltete, den Linzern im Schnäbelch­en eine neue technische Universitä­t mitgebrach­t. Aber offensicht­lich mögen die Linzer keine fetten Würmer.

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