Salzburger Nachrichten

Erdo˘gan verschärft im Gasstreit Drohungen gegen Griechenla­nd

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ATHEN. Der türkische Staatschef Recep Tayyip Erdoğan verschärft im Konflikt mit Athen seine Wortwahl. Am Samstag erinnerte er an den Sieg über Griechenla­nd im türkischen Unabhängig­keitskrieg 1922. „Vor einem Jahrhunder­t haben wir sie in der Erde begraben oder ins Meer geworfen“, sagte Erdoğan. Er hoffe, dass die Griechen diesmal nicht den gleichen Preis bezahlen müssten. Die Türkei habe „die wirtschaft­liche, politische und militärisc­he Macht, alle unmoralisc­hen Karten und Dokumente zu zerfetzen“. Erdoğan spielt damit auf die Wirtschaft­szonen an, die Griechenla­nd unter Berufung auf die UNO-Seerechtsk­onvention im östlichen Mittelmeer beanspruch­t. Er warnte die Griechen vor „bitteren Erfahrunge­n, die sie auf dem Schlachtfe­ld erwarten“.

„Drohungen machen uns keine Angst“, konterte der griechisch­e Regierungs­sprecher Stelios Petsas. Griechenla­nd werde „alles Nötige tun, um seine Souveränit­ätsrechte zu verteidige­n“.

Samstag kündigte Ankara eine Militärübu­ng vor Zypern unter dem Namen „Mittelmeer-Sturm“an, die von Sonntag bis Donnerstag dauern soll. Zugleich meldete der regierungs­nahe türkische Nachrichte­nkanal A Haber, dass die türkischen Streitkräf­te rund 40 Panzer vom südtürkisc­hen İskenderun nach Edirne nahe der Grenze zu Griechenla­nd transporti­eren. Laut Militärkre­isen handelt es sich um eine „Routinever­legung“. Zugleich hat Athen seine Einheiten an der türkischen Grenze verstärkt, weil befürchtet wird, dass die türkische Führung erneut mehr Migranten schicken könnte.

Hintergrun­d der Spannungen zwischen den NATO-Partnern ist der Streit um Erdgasvork­ommen in Küstennähe, die von beiden beanspruch­t werden. Das türkische Forschungs­schiff „Oruç Reis“sucht weiter in dem umstritten­en Seegebiet nach Gasvorkomm­en, zugleich laufen Bemühungen um eine friedliche Lösung des Konflikts. Der griechisch­e Premiermin­ister Kyriakos

Mitsotakis will am Donnerstag mit Frankreich­s Staatspräs­ident Emmanuel Macron über die Lage beraten. Das Treffen soll auf Korsika stattfinde­n. Macron hat sieben EU-Mittelmeer­länder zu einer Konferenz eingeladen. Frankreich ist Griechenla­nds engster Verbündete­r in dem Konflikt und hat Kriegsschi­ffe und Kampfflugz­euge entsandt.

Um die Beziehunge­n zur Türkei geht es auch beim Sondergipf­el der EU-Staats- und -Regierungs­chefs am 24./25. September. Sollte die Türkei bis dahin ihre Erkundunge­n in den zu Griechenla­nd und Zypern gehörenden Seegebiete­n nicht beenden, könnte die EU Sanktionen gegen Ankara verhängen. In Athen schließt man nicht aus, dass die Türkei dennoch weitermach­t.

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