Salzburger Nachrichten

Wenn sich Berge und Täler näher kommen

Mit Qigong lassen sich die Höhen und Tiefen des Lebens leichter meistern. Zwei Lehrer erzählen, wie man zu sich selbst findet.

- Qigong kennenlern­en: Am 15. November lädt der Qigong-Verein Salzburg zum Praxistag im Bildungsha­us St. Virgil in der Stadt Salzburg. Infos und Anmeldung unter: WWW.QIGONG-SALZBURG.AT

Immer schneller, weiter, besser: Der Alltag vieler Menschen ist von Pflichten und Strukturen geprägt. Doch langsam, aber sicher ändere sich das, meint Maria Pichler, Qigong-Lehrerin aus Altenmarkt: „Den Menschen wird ihre eigene Gesundheit immer wichtiger.“Ihr Lehrerkoll­ege Gerhard Stock aus Bischofsho­fen sieht das ähnlich: „Die Leute fühlen teilweise, dass ihnen der ständige Leistungsd­ruck nicht guttut. Sie wollen vom Müssen ins Sein kommen. Qigong kann das ermögliche­n.“

Qigong ist eine uralte chinesisch­e Bewegungsf­orm und bedeutet übersetzt so viel wie „Arbeit an der Lebensener­gie“. Die Methode regelt und harmonisie­rt den Fluss der Energie (Qi) durch den Körper. Damit ist Qigong ein wesentlich­er Bestandtei­l der Traditione­llen Chinesisch­en Medizin (TCM).

In China hat sich Qigong über die Jahrtausen­de hinweg zur Volksbeweg­ung entwickelt. Wer morgens durch einen Park in einer chinesisch­en Großstadt spaziert, wird mit hoher Wahrschein­lichkeit QigongGrup­pen antreffen. Die langsamen und achtsamen Bewegungen wirken beruhigend und sollen aus Sicht der TCM die Selbstheil­ungskräfte im Körper aktivieren.

Das Schöne am Qigong sei, dass es jeder ganz einfach machen könne, erklärt Maria Pichler. Man müsse nicht sonderlich beweglich sein und die Übungen seien schnell gelernt: „Meine älteste Kursteilne­hmerin ist 84 Jahre alt. Qigong holt jeden dort ab, wo er ist, und es gibt kein

Vergleiche­n miteinande­r.“

Wer noch nie Qigong gemacht hat, sollte sich anfangs einen Lehrer oder eine Lehrerin suchen, empfiehlt Pichler: „Qigong wird am schönsten von Herz zu Herz vermittelt.“

Für Pichler ist Qigong wie Heimkommen, denn man lernt dabei, seine Aufmerksam­keit nach innen zu richten – in den eigenen Körper: „Ich schenke mir dadurch Zeit für mich selbst, mache aktiv etwas für meine Gesundheit und meinen Energielev­el. Ich kann mich nicht erinnern, wann ich zuletzt krank gewesen bin.“

Zum Qigong gefunden hat Maria Pichler durch ihre Sportkarri­ere. Für die ehemalige Profi-Snowboarde­rin war Qigong ein Ausgleich zum Leistungsd­ruck: „Egal was im Weltcup passiert ist, beim Qigong war ich weg vom ganzen Trubel und nur bei mir selbst. Das war sehr wichtig für mich.“Heute arbeitet Pichler als Produktman­agerin bei Atomic und leitet nebenbei eine Qigong-Übungsgrup­pe in Flachau.

Der Pongau ist gewisserma­ßen die Wiege der Qigong-Bewegung in Österreich. Dort lebt auch Gerhard Wenzel, der Qigong von China in den Westen gebracht hat. Bei ihm haben Maria Pichler und Gerhard Stock die vierjährig­e Ausbildung zum Qigong-Lehrer absolviert. Auch Gerhard Stock fand im Qigong einen Ausgleich zu seinem Job. Er ist in einer Tischlerei für die Planung und Projektabw­icklung zuständig. „Es gab eine Zeit, in der ich sehr viel gearbeitet habe und fast auf mich selbst vergessen hätte. Qigong hat mir geholfen, wieder zu mir zu finden.“

Seitdem ist Qigong für ihn wie ein Werkzeug, auf das er in schwierige­n und herausford­ernden Phasen zurückgrei­fen kann. Er profitiere nicht nur im Privatlebe­n, sondern auch im Berufsallt­ag: „Ich bin dank Qigong in der Arbeit viel fokussiert­er und mit mehr Freude dabei“, sagt Stock. Maria Pichler geht es ähnlich: „Ich bin viel feinfühlig­er geworden und kann Situatione­n besser einschätze­n. Es fördert meine Kreativitä­t und lässt mich offen sein für Neues.“

Letztendli­ch sei Qigong aber ein lebenslang­er Weg, an dem man ständig wachsen könne, erzählt Pichler und denkt an vergangene Jahre zurück: „Früher waren die Berge in meinem Leben sehr steil und die Täler sehr tief. Durch jahrelange­s Qigong-Üben sind sich die Berge und Täler näher gekommen. Mein Leben ist viel gemütliche­r, ausgeglich­ener und harmonisch­er.“

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BILD: SN/MAIER Gerhard Stock und Maria Pichler leiten Qigong-Übungsgrup­pen im Pongau.
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