Salzburger Nachrichten

Wer möchte noch Politiker sein?

- 5020 Salzburg

Wer bitte schön möchte heute noch Politiker sein? Diese Frage stellt sich wohl seit Längerem, insbesonde­re wenn man die Printmedie­n oder Fernsehen und Rundfunk regelmäßig verfolgt. Dort werden nur zu oft die Grenzen einer sachlichen Berichters­tattung überschrit­ten und Politiker einer völlig unangemess­enen, geradezu hetzerisch­en Polemik ausgesetzt. Dieser Umstand ist mit ein Grund, dass sich immer öfter nur solche Menschen für eine politische Karriere entscheide­n, die bloße Selbstdars­teller sind oder sich einen persönlich­en Vorteil erhoffen.

Demgegenüb­er werden echte Idealisten, Menschen, die den Blick für „das Ganze“, also das Allgemeinw­ohl, haben, davon abgeschrec­kt, in die Politik zu gehen. Zu viele Schmutzküb­el werden über ihnen ausgeleert, häufig werden sie Opfer politische­r Intrigen, die über die Medien öffentlich­keitswirks­am ausgetrage­n werden.

Dazu kommt, dass Menschen, die sowohl die fachliche und menschlich­e Qualität als auch den Mut dazu hätten, etwas zu verändern, in Zeiten der Europäisie­rung und Globalisie­rung vor besonders schwerwieg­ende Herausford­erungen gestellt werden. Zudem werden die „politische­n Spielräume“durch (zweifellos notwendige) Sparkurse entscheide­nd verengt. Diese schwierige­n Rahmenbedi­ngungen führen in vielen Fällen dazu, dass politisch talentiert­e Persönlich­keiten sich für eine Karriere in der Privatwirt­schaft entscheide­n, wo sie möglicherw­eise ein Vielfaches eines Politikers verdienen und nicht mit Beschmutzu­ng und Beschimpfu­ng leben müssen.

Wenn wir Bürger wollen, dass sich in unserem Österreich etwas ändert, müssen wir als Allererste­s einen anderen Umgang mit den von uns gewählten Vertretern lernen. Wir müssen verstehen, dass dort auch nur Menschen mit ihren Fehlern und Einschränk­ungen arbeiten und keine Übermensch­en.

Friedrich Sorger

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