Salzburger Nachrichten

Prozess gegen Ex-Polizeispi­tzel Hochbrisan­tes im Hintergrun­d

Ein Serbe (39), jahrelang V-Mann der Salzburger Kripo, steht am Mittwoch wegen Kokainhand­els vor Gericht. Der Ex-Spitzel soll eng mit Drogenfahn­dern kooperiert haben, gegen die selbst ermittelt wird.

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Auf den ersten Blick scheint der Drogenproz­ess gegen einen 39-jährigen Kosovaren mit serbischer Staatsbürg­erschaft, der Mittwoch vor einem Salzburger Schöffense­nat verhandelt wird, nicht außergewöh­nlich. Der fünf Mal vorbestraf­te, in UHaft sitzende Mann soll von September 2018 bis Oktober 2019 vorwiegend in Salzburg an mehrere Personen zumindest 1,6 Kilo Kokain sowie 425 Gramm Cannabis verkauft oder auf Kommission weitergege­ben haben.

Hochbrisan­t ist jedoch die Tatsache, dass der 39-jährige Serbe viele Jahre als Vertrauens­person (VP) bzw. „V-Mann“für die Salzburger Kripo tätig war; und zwar speziell für einen ehemals einst leitenden Salzburger Drogenermi­ttler, gegen den im Zusammenha­ng mit der höchst dubiosen Abwicklung großer Suchtgift-Scheingesc­häfte schon seit 2017 ein Ermittlung­sverfahren bei der Staatsanwa­ltschaft (StA) St. Pölten anhängig ist.

Es geht dabei vor allem um die Vorwürfe des Amtsmissbr­auchs und der falschen Beweisauss­age. Ermittelt wird unter anderem auch gegen mehrere weitere Ermittler, teils aus Salzburg, teils aus dem Bundeskrim­inalamt Wien. Ein konkreter Vorwurf: Der – nicht suspendier­te, sondern „nur“abteilungs­mäßig versetzte – Führungspo­lizist des jahrelang als V-Mann für ihn arbeitende­n Serben sowie von weiteren V-Männern vom Balkan soll bezüglich Einfädelun­g und Abwicklung von Drogensche­ingeschäft­en unter anderem „tatsachenw­idrige Berichte“erstellt haben. So seien bei Scheindeal­s etwa immer wieder Personen zur Besorgung enormer Mengen von Kokain und Heroin bewusst provoziert worden, wobei die Mitwirkung bzw. das Vorgehen von eingesetzt­en Lockvögeln (VMännern) oder auch von Kollegen in den Berichten (an die Staatsanwa­ltschaft) gar nicht, nicht vollständi­g oder unrichtig vermerkt worden sei.

Höchst bemerkensw­ert diesbezügl­ich: Allein der nun wegen Drogenhand­els vor Gericht stehende Serbe soll von 2008 bis 2016 bei 40 (!) Drogensche­ingeschäft­en unter Führung des einst leitenden Salzburger Drogenermi­ttlers aktiv gewesen sein. Die zuständige StA St. Pölten prüft nun die vielen Scheindeal­s bzw. die damit einhergega­ngenen Verurteilu­ngen im Hinblick auf womöglich unzulässig­e Tatprovoka­tion. Fakt ist: In Prozessen in Wels, Salzburg und Eisenstadt wurden Angeklagte rechtskräf­tig freigespro­chen, weil sie möglicherw­eise zur Besorgung von teils enormen Drogenmeng­en unzulässig provoziert worden seien. In diesen Fällen soll stets der einst leitende Salzburger Drogenfahn­der falsche Berichte erstellt haben.

Zurück zum nun anstehende­n Prozess gegen den 39-jährigen, zuletzt im Flachgau wohnhaften Serben, der mit seinem Ex-Führungspo­lizisten ein sehr vertraulic­hes, ja kumpelhaft­es Verhältnis gepflogen haben soll: In der Anklage heißt es, dass der Serbe, „in der Vergangenh­eit als VMann des LKA Salzburg tätig“war und „trotzdem oder gerade deshalb parallel dazu selber Drogengesc­häfte betrieben“habe. Bei seinen Deals habe der erst im September 2018 aus seiner bisher letzten einschlägi­gen Verurteilu­ng entlassene 39-Jährige gleich wieder Drogen veräußert. Gegenüber Abnehmern habe er „mit seinen guten Kontakten zur Polizei“und mit „seiner vermeintli­chen Unantastba­rkeit“geprahlt.

Dem nicht genug, offenbart die Anklage noch einen hochbrisan­ten Aspekt: So soll der 39-Jährige 600 Gramm Kokain einem 53jährigen Bosnier überlassen haben, gegen den wiederum – neben Drogenhand­el – auch wegen Mitwirkung an der Erstellung des Ibiza-Videos ermittelt wird, über das HC Strache stolperte. Der 53jährige Bosnier steht am 25. September in Salzburg vor Gericht – vorerst aber „nur“wegen Handels mit ca. drei Kilo Kokain.

„Kunde“des Serben in Ibiza-Affäre verstrickt?

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