Wie viel Salzburg steckt noch in Red Bull Salzburg?
Österreichs Fußballmeister genießt international einen hervorragenden Ruf als Talenteschmiede. Die Leidtragenden sind nicht selten die einheimischen Kicker.
SALZBURG. Der Geschäftsführer stammt aus dem Pongau, der Sportdirektor aus dem Pinzgau und der Namensgeber des Fußballvereins ist ein in Fuschl ansässiges Unternehmen, das allein im Bundesland Salzburg Arbeitgeber für Tausende Menschen ist. Auf den ersten Blick ist der FC Red Bull Salzburg dank Stephan Reiter, Christoph Freund und Sponsor Red Bull tief in der Heimat verankert.
Aber wie viel Salzburg steckt in der Mannschaft selbst? Derzeit befindet sich mit dem Kuchler Nicolas Seiwald ein einziger in Salzburg geborener Profi im Bullen-Kader. Der 19-jährige Mittelfeldspieler, der seit der U9 alle Nachwuchsstufen im Club durchlaufen hat, unterschrieb vor Kurzem einen Vertrag bis 2024 und meinte bei seiner Aufnahme in die Kampfmannschaft: „Ich freue mich sehr über den Vertrag bei Red Bull Salzburg und die Möglichkeiten, die mir daraus entstehen. Ich werde alles dafür tun, diese zu nutzen.“
Die Konkurrenz ist allerdings groß. Im zentralen Mittelfeld duelliert sich Seiwald mit keinen Geringeren als Zlatko Junuzovic, Antoine Bernede, Enock Mwepu, Mohamed Camara und Majeed Ashimeru um einen Platz. Die Internationalität des Vereins, der sich in Europa und in Afrika einen hervorragenden Ruf als Talenteschmiede und Karrieresprungbrett erarbeitet hat, macht es für die einheimischen Kicker nicht unbedingt leichter, einen Platz im Bullen-Kader zu ergattern. Aktuellstes Beispiel: Luca Meisl wurde vergangene Woche nach elf Jahren bei Red Bull Salzburg aussortiert. Als Kapitän des siegreichen Youth-League-Teams hat er Kuchler Fußballgeschichte geschrieben, seine sportliche Zukunft liegt nun bei BundesligaAufsteiger SV Ried.
Meisls Vertrag in Salzburg wäre noch bis Sommer 2021 gelaufen. Nach dem Ende seiner Leihe beim SKN St. Pölten hatte er zunächst noch beim Team von Jesse Marsch mittrainieren dürfen. Da der Serienmeister aber nicht mit ihm plante und sich ein möglicher Wechsel abzeichnete, musste er auf Individualtraining umstellen. Meisl hielt sich mit Laufen und Athletikübungen fit, bis der Deal mit der SV Ried unter Dach und Fach war. Seine RedBull-Jahre sieht er aber uneingeschränkt positiv, besonderes Highlight war der Youth-LeagueTitel 2017: „Das war ein Erlebnis, das man nie vergisst und einen stolz macht. Eine Bürde für die weitere Karriere war es keinesfalls.“Die zwei Jahre in St. Pölten seien ein Auf und Ab gewesen, sagt Meisl: „In der ersten Saison war ich Stammspieler, dann habe ich mich am Knöchel verletzt und es gab Trainerwechsel. Nach der Coronapause bin ich kaum noch zu Einsätzen gekommen.“
Gegangen, um wieder zu den Bullen zurückzukehren – auch diesen Weg haben zwei Salzburger bestritten: Der Seekirchner
Stefan Lainer entwickelt sich nach einem Lehrjahr in Ried einst zum Stammspieler im Red-BullTeam. Heute jagt der Außenverteidiger bei Borussia Mönchengladbach der Seitenlinie entlang. Der Halleiner Stefan Ilsanker wurde einst beim SV Mattersburg zwischengeparkt, ehe ihm der Durchbruch gelang. Dem Aberseer Konrad Laimer wurde Salzburg schnell zu klein. Sein kometenhafter Aufstieg vom BullenNachwuchs bis ins ChampionsLeague-Halbfinale mit RB Leipzig ist ein klares Signal an alle nachfolgenden Talente, dass die Tür bei Red Bull Salzburg auch für gebürtige Salzburger offen steht – solange die Leistung stimmt.
Talenten wie Luka Reischl. Dem 16-Jährigen aus Altenmarkt wird eine ähnlich steile Karriere wie Konrad Laimer prophezeit. Die „Tormaschine“aus der Akademie soll schon auf den Wunschzetteln von Clubs wie Manchester City aufgetaucht sein. Vor Kurzem gab der Pongauer sein Youth-League-Debüt bei der knappen 1:2-Halbfinalniederlage gegen Real Madrid. Nicht nur seinetwegen halten Nachwuchsexperten ganz große Stücke auf die Jahrgänge 2003/04, in denen sich mehr vielversprechende einheimische Talente tummeln als zuletzt. So soll auch der FC Liefering bald wieder stärker als Salzburger Club wahrgenommen werden. Dazu trägt auch ein junger Mann mit bekanntem Namen bei: Lukas Ibertsberger ist der Sohn von Robert, der vor 25 Jahren als größtes Salzburger Talent galt.