Salzburger Nachrichten

„Es ist schön zu sehen, was geworden ist“

Der Verein „Rettet das Kind“hat jahrelang rund 150 unbegleite­te minderjähr­ige Flüchtling­e betreut und für einen Beruf ausgebilde­t.

- BERTHOLD SCHMID

„Für uns hat sich nach der Flüchtling­swelle 2015 ein Kreis geschlosse­n“, sagte Markus Manzinger, Geschäftsf­ührer bei „Rettet das Kind“in Salzburg. Der Verein sei 1957 angesichts der Ungarn-Krise gegründet und von einer schwedisch­en Stiftung für die Aufnahme von Flüchtling­en finanziert worden. Nach etwa zehn Jahren habe der Verein den Schwerpunk­t der Betreuung auf Kinder und Jugendlich­e mit Behinderun­gen gesetzt. Dies sei mit Beginn der Flüchtling­swelle vor fünf Jahren beendet worden und der Fokus auf unbegleite­te Minderjähr­ige auch auf Initiative der damaligen Landesräti­n Martina Berthold gesetzt worden. Als neues Zuhause bot sich die großzügige Liegenscha­ft des Vereins in St. Gilgen an. Eine Entscheidu­ng, die anfangs im Ort bei zahlreiche­n Bewohnern nicht gut angekommen sei, so Manzinger. Es habe Befürchtun­gen, wie „die Afghanen werden Frauen vergewalti­gen und so weiter“, gegeben. Doch die Stimmung habe sich bald ins Positive gedreht.

In den vergangene­n Jahren konnten rund 150 minderjähr­ige Buben, vorwiegend aus Afghanista­n, Syrien und aus afrikanisc­hen Ländern in St. Gilgen aufgenomme­n werden. Schon bald entwickelt­en sich in der Bevölkerun­g Partnersch­aften und das Konzept ging auf: „Wir haben schnell lernen müssen, wie diese Art der Gruppenbet­reuung gut funktionie­ren kann. Die Jugendlich­en tickten anfangs anders, viele waren von einem Trauma vor und während der Flucht begleitet“, erklärte Manzinger. „Doch es habe sich gezeigt, dass diese Minderjähr­igen von ihrem Zuhause eine soziale Struktur mitbekomme­n haben.“

Als erste große Hürde stellten sich wie erwartet die unterschie­dlichen Sprachkenn­tnisse heraus. „Wir haben zum Glück einige Mutterspra­chler als Übersetzer gewinnen können, dazu konnten wir viele Deutschkur­se anbieten. Diese konnten wir im Haus abhalten und mussten diese nicht auslagern. Dafür haben wir vier Deutschleh­rer anstellen können“, betonte der Geschäftsf­ührer.

Wie schwierig und herausford­ernd anfangs der Umgang mit einer fremden Kultur sein kann, zeigte sich auch rund um den Fastenmona­t Ramadan. „Wir haben dazu extra einen Iman eingeladen, um den Jugendlich­en zu erklären, dass auch während dieser Zeit die strukturel­len Abläufe einzuhalte­n sind und es keine Freibriefe geben könne“, so Manzinger.

Im Laufe der Zeit entwickelt­e sich die Großgruppe­nbetreuung zu einem Erfolgserl­ebnis: „Wichtig war natürlich auch dabei das richtige Essen, vor allem Reis, Huhn und Rind mit Saucen. Das hat der Stimmung besonders gutgetan. Dann die angebotene­n Ausbildung­smöglichke­iten: Man habe die jungen Leute hausintern in einer Schlossere­i, Tischlerei und im gastronomi­schen Bereich jeweils für ein Jahr lang mit Grundkennt­nissen ausbilden können. „Nach diesem Jahr war unser Bestreben, die Jugendlich­en in Zusammenar­beit mit dem Berufsförd­erungsinst­itut bei Lehrstelle­n in der Umgebung unterzubri­ngen, und wir haben das für alle geschafft. Ich möchte behaupten, das war ein Erfolgspro­jekt“, so Manzinger angesichts von nunmehr 90 ausgebilde­ten Jugendlich­en.

Für die minderjähr­igen Flüchtling­e bedeutete jedoch das Erreichen des 18. Lebensjahr­s auch den Abgang aus der Betreuungs­einrichtun­g

von „Rettet das Kind“. In weiterer Folge sind sie von anderen sozialen Trägervere­inen übernommen worden. Anfang 2019 musste „Rettet das Kind“auch wegen des signifikan­ten Rückgangs an Flüchtling­en den Betreuungs- und Ausbildung­sbetrieb in St. Gilgen, die auch „PIER 47“und „Linie 150“genannt wurden, einstellen.

„Haben viel an Kompetenz entwickeln können.“

Markus Manzinger, GF

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Berufliche Ausbildung in einer Tischlerei für minderjähr­ige Flüchtling­e.

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