Kleiner Igel, große Irrtümer
Igel fressen sich im Herbst ihren Winterspeck an. Viele möchten ihnen dabei helfen – machen aber einiges falsch. Die vier größten Irrtümer zu Igeln.
Mit dem Ende des Sommers sind auch sie wieder in unseren Gärten anzutreffen: Igel. Die Tiere fressen sich im Herbst ihren Winterspeck an. Viele möchten ihnen dabei helfen – machen aber einiges falsch. Die vier größten Irrtümer über Igel.
1. Igel ernähren sich von Obst
Wer einen Igel durch den Garten streifen sieht, trifft ihn schon mal unter einem Obstbaum an. Doch im Gegensatz zum Volksmund, der den Igel als Obstfresser kennt, wissen Biologen, dass Igel keinesfalls Vegetarier sind, sondern vielmehr Insektenfresser – um nicht zu sagen: Fleischfresser. Für die Verdauung pflanzlicher Nahrung ist der relativ kurze Magen-Darm-Trakt des Igels auch gar nicht eingerichtet. Deutsche und britische Wissenschafter, die die Ernährungsvorlieben der kleinen Raubtiere genauer untersucht haben, kommen übereinstimmend zu dem Ergebnis, dass
Igel sich in der freien Natur vor allem von Käfern und ihren Larven, insbesondere nachtaktiven Laufkäfern, Schmetterlingslarven sowie auch von Regen- und Ohrwürmern ernähren. Schnecken hingegen machen nur einen geringeren Anteil der aufgenommenen Nahrung aus.
Igel fressen also auch nicht in erster Linie Schnecken – wieder so ein Irrtum, den der Volksmund den kleinen Stachelträgern gerne unterstellt. Läuft ein Igel also des Nachts unter einem Obstbaum umher oder wird er gar im Schein der Taschenlampe dabei erwischt, wie er seine Nase tief hinein in einen Apfel steckt, dann sucht er dort vor allem eines: Insekten und ihre Larven.
2. Igel werden steinalt
Igel sehen sich untereinander recht ähnlich, zumindest dann, wenn man sie mit Menschenaugen betrachtet. Zwar lässt sich der Braunbrustigel (Erinaceus europaeus) noch recht gut vom Nördlichen Weißbrustigel (Erinaceus roumanicus) unterscheiden, die beide hierzulande vorkommen und ihrem jeweiligen Namen alle Ehre machen. Aber das war es dann auch schon mit den Unterscheidungsmerkmalen, die einem Laien sofort ins Auge springen. Eine Ausnahme gibt es allerdings: die Größe bzw. das Alter. In menschlicher Obhut haben es manche Igelmethusalems schon auf ein Alter von mehr als zehn Jahren gebracht. Aber das ist die Ausnahme. „Ein siebenjähriger Igel ist in der freien Natur eine absolute Seltenheit“, weiß die deutsche Igelexpertin Monika Neumeier. „Nur sieben von eintausend Igeln werden so alt.“So liegt die durchschnittliche Lebenserwartung gerade einmal bei zwei bis vier Jahren. Das hat verschiedene Gründe, haben Forscher festgestellt. Viele Igel leiden an Untergewicht oder fallen dem Straßenverkehr zum Opfer, auch Parasitenbefall ist ein Problem. Steinalt werden Igel also keinesfalls.
3. Abgemagerten Igeln helfen ein paar Schüsseln Milch
Wer einem Igel noch ein paar Gramm Hüftgold für den Winterschlaf spendieren möchte, stellt ihm gerne mal eine Schüssel Milch hin. Doch genau das ist völlig falsch, denn Igel vertragen die Laktose der Kuhmilch nicht. Durchfall und Darmentzündungen können die Folge sein. Besser sei es, frisches und sauberes Wasser anzubieten, raten Biologen. Milchprodukte, Essensreste, Nüsse oder aber auch Obst und Gemüse haben im Igelfutter nichts zu suchen. Am besten vertragen die Tiere immer noch Katzendosenfutter, weil Katzen ebenso wie sie selbst Fleischfresser sind. Im Handel ist mittlerweile sogar spezielles Igelfutter erhältlich. Gefüttert wird übrigens immer abends, denn Igel sind dämmerungs- bzw. nachtaktiv. Wichtig ist auch, die Futterreste am nächsten Morgen zu entfernen und die Futterschüssel zu reinigen, denn durch eine unsaubere Futterstelle können Krankheiten übertragen werden. Kranke oder verletzte Tiere brauchen darüber hinaus Hilfe. Ebenso wie verwaiste Babys und vor allem Igel, die durch ihre Tagaktivität auffallen. Tierarzt und Tierschutz wissen, was zu tun ist. Wichtig ist allerdings, das Hilfsangebot nicht auf die lange Bank zu schieben, denn gerade bei Jungigeln, verletzten und kranken Tieren kommt es auf eine schnelle Hilfe an.
4. Auf meinem Grundstück ist der Igel in Sicherheit
Unsere Welt ist nicht besonders igelfreundlich – ganz im Gegenteil sogar. Hat es ein Igel aber erst einmal auf unser Grundstück geschafft und ist nicht etwa schon auf dem Weg dorthin auf der Straße überfahren worden, ist er deshalb auch noch nicht in Sicherheit. Nachbars Katze und auch sein Hund stellen auf jeden Fall eine ernst zu nehmende Bedrohung dar. Zwar rollen sich gesunde Igel bei Gefahr ein, aber Katzen können Jungigel und schwächere Tiere, Hunde sogar größere erwachsene Igel überwältigen. Alle Arten von ausgelegten Fallen, etwa um Schnecken oder Mäuse zu töten, sind natürlich ebenfalls gefährlich. Kellerschächte müssen abgedeckt sein, Kellertreppen sollte man mit zusätzlichen Backsteinen auf den Stufen oder sonstigen Kletterhilfen entschärfen. Eine nicht zu unterschätzende Gefahr für alle Tiere, nicht nur für Igel, sind Teiche mit steilen Ufern. Wer einen solchen sein Eigen nennt, kann mit einem schräg hineingestellten Brett oder sonstigen Kletterhilfen sicherstellen, dass versehentlich hineingeratene Tiere auch wieder herausklettern können.
Müll gehört ebenfalls nicht in den Garten, schon gar kein Plastikmüll oder Seile und Bänder, in denen sich die Tiere verheddern können. Darüber hinaus freuen sich Igel – und seine Futtertiere – über einen naturnahen Garten mit Laub-, Reisig-, Holz- und Steinhaufen sowie einer abwechslungsreichen Bepflanzung, etwa mit Wildkräutern.