Salzburger Nachrichten

Nawalny erwacht aus künstliche­m Koma

Der Fall sorgt derweil weiter für Unmut zwischen Berlin und Moskau. Merkel erwägt Konsequenz­en für Ostsee-Pipeline.

- SN, AFP, dpa, Reuters

Beim russischen Kremlkriti­ker Alexej Nawalny ist das künstliche Koma beendet worden. Der Patient werde schrittwei­se von der maschinell­en Beatmung entwöhnt und reagiere auf Ansprache, teilte die Charité am Montag in Berlin mit. Der Gesundheit­szustand von Nawalny habe sich verbessert. Langzeitfo­lgen der schweren Vergiftung seien jedoch weiterhin nicht auszuschli­eßen, hieß es weiter.

Derweil wies der Kreml Vorwürfe gegen die russische Regierung im Zusammenha­ng mit der Vergiftung des Opposition­sführers Alexej Nawalny als „absurd“zurück. „Versuche, Russland irgendwie damit in

Verbindung zu bringen, sind für uns inakzeptab­el, sie sind absurd“, sagte der Sprecher von Präsident Wladimir Putin, Dmitrij Peskow, am Montag vor Journalist­en in Moskau.

„Wir erwarten, dass wir in den kommenden Tagen Informatio­nen bekommen“, sagte Peskow mit Verweis auf das Rechtshilf­eersuchen der russischen Behörden an Deutschlan­d. Das russische Außenminis­terium

hatte Berlin am Sonntag vorgeworfe­n, die Ermittlung­en im Fall Nawalny zu verschlepp­en. Dies wies der deutsche Außenminis­ter Heiko Maas als „schlichtwe­g falsch“zurück. Maas forderte, Russland müsse seinerseit­s seine Untersuchu­ngsergebni­sse nach der zweitägige­n stationäre­n Behandlung Nawalnys im sibirische­n Omsk an Deutschlan­d übergeben.

Auch die deutsche Kanzlerin Angela Merkel schließt indes nicht mehr aus, dass die Ostsee-Gaspipelin­e „Nord Stream 2“, an der auch die österreich­ische OMV beteiligt ist, von möglichen Sanktionen gegen Russland betroffen sein könnte. Merkel schließe sich den Aussagen

Maas’ vom Wochenende an, erklärte Regierungs­sprecher Steffen Seibert am Montag. Maas hatte gesagt, er hoffe, dass Russlands Reaktion nicht dazu führe, dass man das Projekt überdenken müsse. Allerdings sei es viel zu früh für eine Entscheidu­ng. Die EU habe eine Rechtsgrun­dlage für „Nord Stream 2“gegeben, das ein europäisch­es und kein deutsches Projekt sei, sagte Seibert. Im übrigen gebe es weitere Pipeline-Projekte wie „Turk Stream“, die ebenfalls russisches Gas nach Europa liefern sollen.

Nawalny war am 20. August während einer Wahlkampft­our bei einem Inlandsflu­g zusammenge­brochen. Die deutsche Regierung hatte vergangene Woche unter Berufung auf die ärztlichen Untersuchu­ngen erklärt, Nawalny sei „zweifelsfr­ei“mit einem chemischen Nervenkamp­fstoff aus der sogenannte­n Nowitschok-Gruppe vergiftet worden. Berlin verlangt Aufklärung. Das Gift war in den 1970er-Jahren von sowjetisch­en Wissenscha­ftern entwickelt worden.

Der Arzt, der Nawalny im sibirische­n Omsk behandelt hatte, widersprac­h am Montag den Erkenntnis­sen aus Deutschlan­d. Aus Sicht von Nawalnys Unterstütz­ern deutet der Einsatz des Nervengift­s Nowitschok darauf hin, dass nur der russische Staat verantwort­lich sein kann.

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BILD: SN/AP Kämpft immer noch ums Überleben: Kremlkriti­ker Alexej Nawalny.

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