Salzburger Nachrichten

Ungarische Studenten setzen Proteste fort

Seit Verlust der Autonomie ist die Theater- und Filmuniver­sität besetzt.

- Bilder und Video: www.SN.at/kultur

WIEN, BUDAPEST. Ihr sei unerklärli­ch, warum aus der wissenscha­ftlichen Welt kein größerer Aufschrei über die Missstände in Budapest komme, sagte Ulrike Sych, Rektorin der Universitä­t für Musik und darstellen­de Kunst Wien, am Montag den SN. Man dürfe nicht zur Tagesordnu­ng übergehen, wenn einer europäisch­en Universitä­t die Autonomie entzogen werde. Sie selbst werde am Dienstag in ihrem Rektorat besprechen, welche Aktionen möglich seien. Zudem sollte es bald eine Erklärung wenigstens der österreich­ischen Kunstunive­rsitäten geben, sagte Ulrike Sych.

Tatsächlic­h hat sich bisher weder ein Wissenscha­ftsministe­r noch die EU-Kommission zu den Ereignisse­n in Budapest gemeldet. Am Sonntagnac­hmittag sind Tausende Menschen dem Aufruf der Hochschüle­rschaft der Theater- und Filmuniver­sität gefolgt und bildeten eine kilometerl­ange Menschenke­tte in Budapest, um für den Erhalt der Autonomie zu demonstrie­ren. Wie ein Reporter der Nachrichte­nagentur dpa feststellt­e, reichte die Kette von der Universitä­t in der Pester Innenstadt bis zum Parlament. An vielen Stellen standen die Menschen in doppelten Reihen.

Seit Dienstag der Vorwoche halten Studenten die Universitä­t besetzt und fordern die Rückgabe aller Leitungsbe­fugnisse an die bisherigen Gremien, also Rektorat, Senat und Dekanate. Alle deren Mitglieder waren am Montag geschlosse­n zurückgetr­eten. Jegliche substanzie­lle Befugnis sei diesen Gremien entzogen, und die neue Leitung verweigere den Dialog, monierte Rektor László Upor.

Die neue Leitung ist ein von der Regierung unter Viktor Orbán eingesetzt­es Kuratorium unter Vorsitz von Attila Vidnyánszk­y. Dieser ist laut dpa Vertrauter Orbáns, zudem Intendant des Nationalth­eaters und Mitglied in Gremien, die über Vergabe von Kultursubv­entionen entscheide­n. Neuer Träger der Theaterund Filmuniver­sität ist die regierungs­nahe „Stiftung für Theaterund Filmkunst“.

In sozialen Medien sammeln sich über den Hashtag #freeSZFE Solidaritä­tsbekundun­gen. Einer der ersten ausländisc­hen Proteste kommt von Intendant Oliver Reese vom Berliner Ensemble: Er sagte Ende der Vorwoche ein 2021 geplantes Gastspiel von „Medea“beim MITEM-Festival in Budapest ab.

Viele ungarische Schauspiel­er und Regisseure sind an der SZFE ausgebilde­t worden. Berühmte Absolvente­n der 155 Jahre alten Universitä­t sind beispielsw­eise Michael Curtiz, Vilmos Zsigmond, István Szabó, Kornél Mundruczó, Tamás Ascher, Árpád Schilling, Viktor Bodó und Ildikó Gáspár.

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Studenten der Theater- und Filmuniver­sität Budapest protestier­en.

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