Von der Leyen holt eine neue Frau ins Team
Die Irin Mairead McGuinness wird Finanzmarktkommissarin. Der große Gewinner ist ein Mann.
Ursula von der Leyen hatte vor ihrem Amtsantritt als Kommissionschefin versprochen, ihr Team werde zur Hälfte aus Frauen bestehen. Das hat nicht geklappt. Demnächst wird das Geschlechterverhältnis in der EU-Kommission jedoch fast ausgewogen sein – die Chefin eingerechnet steht es dann 13 Frauen zu 14 Männern.
Möglich wird das durch das politische Karriereende eines Mannes. Von der Leyen ersetzt den Ende August zurückgetretenen irischen Handelskommissar Phil Hogan (60) durch eine ebenfalls aus Irland stammende Frau: Mairead McGuinness. Die 61-Jährige sitzt seit 2004 im EU-Parlament, seit 2017 ist sie dessen Erste Vizepräsidentin.
Hogan war ein sommerliches Dinner in einem Golfclub in seiner Heimat Irland zum Verhängnis geworden. Er hatte dabei gleich gegen mehrere Coronaauflagen verstoßen – so waren 80 Essensgäste anwesend, weit mehr als erlaubt. „Golfgate“schlug hohe Wellen, Hogan nahm auf Druck der irischen Regierung den Hut.
Das hat Folgen für die Machtbalance innerhalb der Kommission. Irland verliert die wichtigen Handelsagenden. Von der Leyen betraut McGuinness nämlich lediglich mit der Finanzmarktpolitik.
Internationale Handelsverträge wird künftig Valdis Dombrovskis aushandeln. Auch die künftigen Handelsbeziehungen mit Großbritannien fallen in sein Ressort. Der 49-Jährige spielt bereits jetzt als einer von drei exekutiven Vizepräsidenten der Kommission eine Schlüsselrolle. Mit dem Handelsressort wird der ehemalige lettische Regierungschef, der in der Kommission über alle Wirtschaftsagenden eine Art Oberhoheit hat, noch mächtiger. Die Finanzmarktagenden gibt er an McGuinness ab.
Den deutlichen Kompetenzzuwachs für Dombrovskis, der zur Europäischen Volkspartei (EVP) gehört, dürften die beiden anderen exekutiven Vizepräsidenten, Frans
Timmermans und Margrethe Vestager sowie deren Parteienfamilien (Sozialdemokraten und Liberale) aufmerksam verfolgen.
McGuinness und Dombrovskis müssen noch vom Rat und vom EUParlament bestätigt werden. Beides gilt als reine Formsache.
Das Herkunftsland hat das Vorschlagsrecht für den Sitz in der Kommission. Irland hatte neben McGuinness auch den früheren Vizepräsidenten der Europäischen Investitionsbank (EIB), Andrew McDowell, ins Rennen geschickt. Nach Gesprächen mit beiden am Montag entschied sich von der Leyen schließlich für McGuinness. Sie genießt im EU-Parlament hohes Ansehen über die eigene Fraktion hinaus. Als Mitglied der irischen Fine Gael gehört auch sie der EVP an.