Hebammen und Arzt müssen vor Gericht
Eine fatale Serie von Komplikationen bei Geburten im Krankenhaus Schladming führt zu einem weiteren Strafprozess. Mütter klagen an.
Drei Hebammen und ein Gynäkologe sowie das Diakonissenkrankenhaus (DKH) Schladming als Verband müssen sich Mittwoch am Landesgericht Leoben verantworten. Ihnen werden grob fahrlässige Tötung in einem Fall sowie fahrlässige schwere Körperverletzung in drei weiteren Fällen vorgeworfen.
Das Verfahren war im April 2020 durch den damals zuständigen Richter bereits eingestellt worden, doch damit wollte sich die Staatsanwaltschaft nicht abfinden und reichte eine Beschwerde dagegen ein. Das Oberlandesgericht Graz habe schließlich entschieden, dass das Verfahren weitergeführt werden müsse, sagte Sabine Anzenberger, Sprecherin des Landesgerichts.
Am Mittwoch kommt es nun zur weiteren Verhandlung. Neben der Befragung der Angeklagten ist auch die Gutachtenserstattung des Sachverständigen für Gynäkologie und Geburtshilfe geplant. Danach sollte es bereits ein Urteil geben.
Die missglückten Geburten waren in den Jahren 2010 bis 2014 in Schladming erfolgt. Vier Frauen hatten im Juli 2019 gemeinsam mit ihrer Anwältin Karin Prutsch in einer Pressekonferenz in Graz über die schwerwiegenden Komplikationen berichtet. Ein Neugeborenes starb, ein anderes Kind ist schwerst behindert.
Bei dem Todesfall wird der damals diensthabenden Hebamme vorgeworfen, dass sie den diensthabenden Gynäkologen zu spät gerufen hat. Als er eintraf, soll die kleine Gloria bereits fast eine Stunde nicht mehr am Leben gewesen sein. Es war das zweite Kind der Mutter Marion B. und „es ging mir von Anfang an mit den Wehen nicht gut“, schilderte die Frau im Vorjahr. Die Mutter erhielt vom Spital durch einen Vergleich in einem Zivilprozess 30.000 Euro Entschädigung.
Im Fall der Familie Z., deren Tochter Vanessa bei der Geburt 2010 durch Sauerstoffmangel zum Pflegefall (Stufe 7) wurde, zahlte das Spital in einem Vergleich 460.000 Euro. Vanessa könne „nicht selbstständig essen, gehen und greifen. Sie kann nicht reden und hat Epilepsie. Wir werden von ihr nie ,Mama‘ oder ,Papa‘ hören“, schilderte die Mutter Stefanie Z. nach der Anklageerhebung im Sommer 2019.
Im Fall von Bianca F., die 2011 ihr Kind zur Welt brachte, setzte sogar die Hebamme den Dammschnitt. Die Gebärende verlor das Bewusstsein nach großem Blutverlust, doch später habe die Hebamme ihr gesagt: „Kinderkriegen ist eben so.“
Angeklagt ist auch ein Gynäkologe. Er soll die Verabreichung von Blutkonserven unterlassen haben und in einem anderen Fall Plazentateile im Körper der Patientin gelassen haben. Dieser Fall betrifft Claudia K., die mit 38 Jahren spätgebärend war. Als sie mit Wehen ins Spital kam, sei eine Hebamme da gewesen, die gerade eine andere Geburt durchführte. „Es war eine Hebamme für zwei zeitgleiche Geburten da und der Gynäkologe war nicht erreichbar“, schilderte Claudia K. im Juli 2019. Sie brachte ihr Kind im Wasser zur Welt, doch die Plazenta löste sich nicht. Letztlich erlitt sie einen Blutsturz. Sie verlor viel Blut und musste dann auf der Intensivstation behandelt werden.