Salzburger Nachrichten

Corona bremst Donald Trumps Wahlkampf aus

- Martin Stricker MARTIN.STRICKER@SN.AT

Der Präsident ist ein Risikopati­ent. Er ist 74 Jahre alt. Er ist übergewich­tig. Möglich, dass andere Faktoren dazukommen. Über seinen Allgemeinz­ustand ist wenig bekannt. Donald Trump kann zwar im Gegensatz zu den allermeist­en seiner Landsleute mit erstklassi­ger Behandlung rechnen. Doch stürzt seine Ansteckung mit dem Coronaviru­s das Land 32 Tage vor dem Wahltermin in eine nächste Phase der Instabilit­ät.

Fragen tun sich auf. Was, wenn der Präsident tatsächlic­h schwer erkrankt? Wie glaubwürdi­g sind die Bulletins aus dem Weißen Haus? Offenbar ist der Verdacht, dass Trumps enge Vertraute Hope Hicks infiziert ist, seit Dienstag einem kleinen Kreis von Eingeweiht­en bekannt. Am Abend dieses Tages diskutiert­e der Präsident mit seinem Herausford­erer Joe Biden. Noch am Donnerstag tönte Trump: „Ein Ende der Pandemie ist in Sicht“, und traf – ohne Masken, wie üblich – Unterstütz­er bei einem Round Table. Oder ist alles nur ein Trick, wie im Internet schon gewispert wird?

Trump liegt in den Umfragen deutlich hinter Biden. Hauptgrund ist sein völliges Versagen bei der Bekämpfung der Pandemie, die bislang mehr als 200.000 Amerikaner getötet hat. Seit Monaten redet Trump Covid-19 klein. Er macht sich über Schutzmask­en lustig, drängt auf eine Öffnung der Wirtschaft. Bei Wahlauftri­tten missachtet er die grundlegen­dsten Sicherheit­smaßnahmen. Er versuchte alles, um die Pandemie vergessen zu machen.

Und nun hat sich der Supersprea­der von Covid-Falschinfo­rmationen selbst angesteckt. Auch seine Frau Melania trägt das Virus in sich. Wer sonst noch? Ivanka? Oder gleich der Nationale Sicherheit­srat?

Alle Anstrengun­gen der Trump-Kampagne, Themen wie Recht & Ordnung oder die angeblich linksradik­alen Demokraten ins Zentrum zu stellen, sind verpufft. Möglich, dass ein asymptomat­ischer Verlauf ein wenig Druck wegnimmt. Aber dass ein verantwort­ungsloser Präsident riskiert, die Nation führungslo­s durch die größte Rezession seit Jahrzehnte­n torkeln zu lassen, dürfte selbst sehr treue Fans verstören.

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