Kunstverein: Unter der Farbe toben Erinnerungen
SALZBURG. Zur Farbe Rot und ihren vielen möglichen Assoziationen habe sie ein besonderes Verhältnis, erzählt Megan Rooney. Warum der Kunstverein mit seiner auffälligen Fassade in Salzburg oft einfach als „das rote Haus“bezeichnet werde, leuchtet ihr deshalb nicht ganz ein. Sie erinnere das Gebäude „an eine flammende Koralle, in die das Sonnenlicht seine Flecken gebrannt hat“, sagt die Künstlerin, die in London lebt und nun sieben Wochen intensiv in Salzburg gearbeitet hat.
Als Artist in Residence hat Kunstvereins-Direktor Séamus Kealy sie eingeladen. Rooneys am Freitag eröffnete Ausstellung hat freilich nichts mit der Außenfassade des Künstlerhauses zu tun, dafür umso mehr mit seinem Inneren. Während im Saal aktuelle abstrakte Bilder der 35-jährigen Künstlerin zu sehen sind, hat sie für die Ringgalerie eine riesige Wandmalerei geschaffen. Die hat zwar ein zeitlich auf ein Jahr begrenztes Dasein, dafür zeigt sie sich räumlich fast uferlos. Über die Wände und die Decke ziehen sich die bewegten Farbflächen und Verläufe, die übermalten und wieder freigelegten Schichten, die von einem obsessiven Verhältnis der Künstlerin zu ihrer Arbeit zeugen. „Ich mache keine Skizzen“, sagt Rooney. Ihre Arbeit müsse in den ersten Tagen ihren eigenen inneren Bewegungsdrang entwickeln, „wie bei einem Flugzeug, das eine Beschleunigung erreichen muss, um abheben zu können“.
Farben seien für sie wie eine Sprache, sagt Rooney, jede einzelne sei mit Erinnerungen verknüpft. Als „rätselhafte Erzählerin“wird sie deshalb im Ausstellungstext beschrieben. So friedlich wie das klingt, darf man es sich aber nicht vorstellen: Immer wieder sei es ein aggressiver Akt, wenn sie gemalte Schichten wieder aufkratze, um die darunter versteckten Erinnerungs
„Zu Rot habe ich eine nahe Beziehung.“Megan Rooney, Künstlerin
schichten freizulegen. Die Eindrücke, die Rooney im Alltag aufsaugt und in ihren Werken einfließen lässt, müssen dabei nicht so bedrückend sein wie die Corona-Isolation, die auf ihre jüngsten Bilder abgefärbt hat. Auch die Straßenbaustelle vor dem Kunstverein habe für sie das Zeug zur Inspiration: „Wie die Arbeiter die Oberfläche aufbrechen und heraufholen, was darunter liegt – da gibt es durchaus Parallelen zu meiner Arbeit.“
Ausstellung: Megan Rooney: „Green. I Want You Green“, Kunstverein, bis 29. 11. Im Kabinett ist das Projekt „Erinnerung ist ein Gespenst“von Luise Schröder zu sehen.