Thiem nähert sich Bestform auf Sand
Beeindruckend zog der 27-Jährige ins Achtelfinale der French Open ein. Ist er nach den US Open für den nächsten Coup bereit?
PARIS. Casper Ruud, einer der Aufsteiger der Tennissaison, konnte einem leidtun. Nach nicht zweieinhalb Stunden war er am Freitag auf dem Sand von Roland Garros gegen Dominic Thiem irgendwie erlöst: 6:4, 6:3 und 6:1 hieß es nach 2:15 Stunden – der Weltranglistendritte zog so souverän und weiterhin ohne Satzverlust in das Achtelfinale der French Open in Paris ein. Gleich nach dem Matchball gab es noch für die wenigen Zuschauer auf dem Court Philippe-Chatrier eine geballte Faust und „Winke-Winke“– es war eine „außergewöhnliche Demonstration“, wie es ORF-Experte Alexander Peya nannte, „Dominic trifft fast nur noch die Linien. Beeindruckend.“Stellvertretend dann auch ein Ass zum Abschluss dieses Matches – nach außen wieder platziert auf die Linie.
Erbarmungslos schickte der frischgebackene US-Open-Sieger aus Niederösterreich den 21-jährigen Norweger temporeich von Ecke zu Ecke. Dazwischen gab es gefühlvolle Stopps oder einen Tempowechsel. Dominic Thiem ist bei den French Open so richtig angekommen. Er wirkt auch nach anstrengenden Wochen zuletzt fit, seine Bewegungen auf dem Platz sind geschmeidig und leichtfüßig. Er hat sich „eingeschossen“, wie man gern im Tennisjargon sagt. Dafür war auch das Spiel des Gegners verantwortlich, das Thiem einen wunderbaren Spielrhythmus brachte. Das bestätigte der 27-Jährige auch beim Siegerinterview mit dem Ex-Profi Cédric Pioline auf dem Court: „Ich habe kaum Fehler gemacht, aber auch immer wieder vermieden, dass Casper zu Chancen kommt“, so Thiem, der von Beginn an mit Druck spielen wollte, um den diesjährigen Halbfinalisten von Rom und Hamburg gar nicht ins Spiel kommen zu lassen. Das 1:3 im ersten Satz wurde schnell weggesteckt. Die Tatsache, dass das Match wegen des Regens unter geschlossenem Dach gespielt werden musste, spielte dem heimischen Tennisass zusätzlich in die Karten: „Es waren perfekte Bedingungen für mein Spiel. Ähnlich denen in Österreich, die ich schon über Hunderte Matches gewöhnt bin.“Gewöhnungsbedürftig war für den zweifachen French-Open-Finalisten nur die Spielansetzung mit elf Uhr am Vormittag.
„Da hieß es früh bei der Dunkelheit aufstehen – etwas, was ich in Paris sonst nicht gewöhnt bin“, schmunzelte Thiem, der offensichtlich momentan auf einer Erfolgswelle schwimmt und sich seiner Sandplatz-Bestform nähert. Denn es war der zehnte Sieg in Folge bei einem Grand-Slam-Turnier.
Dominic Thiem scheint nun für den großen Coup in der französischen Metropole bereit. Es wäre ein historischer zweiter Grand-SlamSieg in Serie nach den US Open in New York. Aber bis dahin ist es noch ein weiter Weg. In der nächsten
Runde trifft der Lichtenwörther am Sonntag auf den jungen Franzosen Hugo Gaston, der Stan Wawrinka (SUI) mit 2:6, 6:3, 6:3,4:6, 6:0 bezwingen konnte. Gegen Dominic Thiem erwartet sich der 20-jährige Lokalmatador „eine verrückte Erfahrung. Ich werde so wie heute alles geben, und wir werden sehen, was dabei herauskommt. Ich habe nichts zu verlieren.“Klar ist: Noch zwei Siege fehlen Thiem zum möglichen großen Schlager gegen den Sandplatzkönig Rafael Nadal, gegen den er 2019 und 2018 jeweils im Endspiel von Paris verloren hat.