Intelligente Überflieger
Der Drohnenmarkt wächst. Das nutzen österreichische Weltmarktführer wie Schiebel Aircraft oder FACC. Doch ab 2021 muss sich das Segment neu ordnen. Denn dann wird die Handhabe der Fluggeräte neu geregelt.
Undurchsichtig und spiegelblank ragt die Fassade von Schiebel Aircraft dominant in das Flugfeld bei Wiener Neustadt. Geschäftsführer Hannes Hecher präsentiert das neue Produktionsgebäude des österreichischen Drohnenherstellers. 20 Millionen Euro fließen in eine Verdopplung der Werksfläche, die einzig dem Bau und der Entwicklung des Camcopter S-100 gewidmet sein wird. Der unbemannte Helikopter, ein Unmanned Air System (UAS), mit dem Schiebel Weltmarktführer ist, wird zu 100 Prozent für den Export gebaut.
In der neuen Halle steht ein einsatzfähiges Gerät. Es ist drei Meter lang und wiegt leer 110 Kilogramm. Der Helikopter, ein superleichter Kohlefaser-Monocoque, wird via Laptop gesteuert und ist bis zu zehn Stunden in der Luft. Kostenpunkt mit Einschulung: ein niedriger einstelliger Millionenbetrag.
„Der Camcopter macht keine Hochzeitsfotos und Eventvideos aus 30 Metern Höhe, sondern ist ein Fluggerät für vielfältige Aufgabengebiete“, sagt Hecher – und grenzt somit sein Produkt von jenen Drohnen ab, die immer öfter auch bei Hobbypiloten zu finden sind. Beim Camcopter gehe es um Sicherheit und Grenzschutz am Land und zur See, das Aufdecken von „Irregularitäten“wie illegalen Warenwegen oder die Bekämpfung von Terrorismus. 350 Stück seien weltweit im Einsatz, etwa für die Europäische Agentur für die Sicherheit des Seeverkehrs, die britische Küstenwache oder die Australian Navy. Die Schiebel-Drohne bewegt sich automatisiert von Wegpunkt zu Wegpunkt mit einer Reichweite von 200 Kilometern und mit bis zu 222 Stundenkilometern und sie erreicht 5500 Meter Höhe.
Auch das Österreichische Bundesheer hat sie getestet. Im Einsatz sind aber seit 2015 sogenannte Fixed-Wing-Drohnen. „Das sind Starrflügler, nicht Drehflügler wie das Schiebel-Modell. Es sind sechs Sets mit 18 Tracker 120 des französischen Herstellers SurveyCopter, die in erster Linie für Aufklärungsflüge in gesperrten Lufträumen eingesetzt werden“, informiert Oberst Thomas Kettinger. Die Tracker wiegen ein Zehntel des Camcopter, haben eine Range von 25 Kilometern und fliegen auf maximal 2500 Metern Höhe. Immer noch ein Vielfaches der weltweit zwölf Millionen zivilen Drohnen, die wie kleine Spinnentiere in den vergangenen Jahren Hobbypiloten begeistern.
Drohnen boomen. Wobei die Austro Control heuer mit einer ähnlichen Anzahl an Genehmigungen rechnet wie im Vorjahr. Da waren es 2700. Aktueller Stand für 2020: 1400 Registrierungen. Zu Beginn der Aufzeichnungen 2014 waren es 150. Die kleinen Quadro- oder Multicopter, oft nicht größer als eine Handfläche, sind nicht nur ein beliebtes Spielzeug, sondern manchmal auch gefährlich. Immer noch kommt es vor, dass Piloten die Verbindung zur Drohne verlieren, diese abstürzt und im schlimmsten Fall Menschen verletzt.
Um das zu verhindern, gibt es strenge gesetzliche Richtlinien – und ab 1. Jänner 2021 eine neue EUVerordnung. Mit ihr fällt die Genehmigungspflicht, dafür gibt es eine Registrierung in den Kategorien „open“, „specific“und „certified“– mit „Drohnenführerschein“. Dieser inkludiert Schulung, Test und eine Art Kennzeichen, das die Drohne identifiziert. Die Kategorien unterscheidet etwa, ob Drohnen nahe, bis zu drei Meter oder weit entfernt – bis zu 150 Meter – von Menschen fliegen dürfen. Achtzig Prozent fallen in die Kategorie „open“, die bei einem Gewicht von mehr als 250 Gramm beginnt. Generell ist der Sichtkontakt zum Copter vorgeschrieben und Flüge bis maximal 120 Meter über Grund. Flüge über Menschenansammlungen sind verboten, ebenso das Fliegen in der Nähe von Flughäfen oder militärischen Einrichtungen. Wer illegal im Luftraum unterwegs ist, muss mit Strafen bis zu 22.000 Euro rechnen.
Die Detektion vom Kurs abgekommener Drohnen ist eine Herausforderung. Lösungen dafür entwickelt das Hightech-Unternehmen Frequentis. Seit Kurzem wird auf 18 Flughäfen in Norwegen ein Drohnenmanagementsystem genutzt, eine Software, die die Kommunikation zwischen Fluglotsen, Blaulichtorganisationen und Drohnenpiloten steuert. „Es braucht ein Gehirn, wo alle Informationen zusammenlaufen“, sagt Joachim Edel, Assistent der Geschäftsleitung.
Gemeinsam mit Roswitha Wiedenhofer von der Fachhochschule Joanneum leitet Edel auch das Projekt Airlabs, initiiert und gefördert vom Bundesministerium für Klimaschutz & Technologie und der Forschungsförderungsgesellschaft. Airlabs ist im Juli mit 24 Partnern aus Wirtschaft und Wissenschaft gestartet. Das Ziel ist, ein österreichweites Innovationslabor für unbemannte Luftfahrzeugsysteme aufzubauen. Mit an Bord ist auch das oberösterreichische Aerospaceunternehmen FACC. Mit dem chinesischen Partner EHang, einem Produzenten autonomer Luftfahrzeuge, hat FACC ein Airtaxi für zwei Personen entwickelt. Für dieses gibt es seit Kurzem die weltweit erste Genehmigung für einen kommerziellen Pilotbetrieb in China.
„Aktuell ist es schwierig, eine Drohne außerhalb der Sicht zu betreiben“, sagt Joachim Edel – ein Hindernis im Testbetrieb und wenn man Österreich als Innovationsführer bei Drohnen etablieren möchte. Airlabs will als Ermöglicher agieren und Nutzungsgenehmigungen für gesperrte Lufträume für seine Partner bereitstellen. Drohnen sind die Zukunft, ist Edel überzeugt, mit Einsatzgebieten im Lawinenschutz, in der Brandabwehr, bei der Inspektion von Infrastruktur wie Schienen, Stromleitungen, Brücken, Kanälen. Oder selbst in der Landwirtschaft, bei der die Reifung von Weinreben analysiert und Schädlinge bekämpft werden könnten.
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