Wahlrecht nicht mehr zeitgemäß
Sehr geehrter Herr Koller, zu Ihrem Kommentar
„Wien wird zur Zwei-Drittel-Demokratie“möchte ich als deutsche Staatsbürgerin, die seit 15 Jahren in Österreich lebt und nicht wahlberechtigt ist und mit dieser Situation sehr hadert, Stellung nehmen:
Das Wahlrecht an die Staatsbürgerschaft zu koppeln ist in Zeiten von EU, freier Wahl des Arbeitsplatzes und einer hohen Migration innerhalb der Europäischen Union nicht mehr zeitgemäß. Ich arbeite seit 15 Jahren hier und zahle hier Steuern, habe aber, wie Sie richtig festgestellt haben, außer auf lokaler Ebene kein Mitbestimmungsrecht darüber, wie dieses Geld verwendet wird. Meine Kinder wachsen hier auf, gehen hier zur Schule, jedoch kann ich nicht darüber mitentscheiden, wie das Bildungssystem gestaltet wird. Noch absurder wird es, wenn man bedenkt, dass ich in einigen Jahren sogar das Wahlrecht in meinem Heimatland verliere und somit nirgendwo mehr wahlberechtigt bin. Ich nehme regen Anteil an österreichischer Politik, viel mehr als an der bundesdeutschen. Dennoch fühle ich mich nicht als Österreicherin, sondern als Deutsche (vielleicht noch als Europäerin), und das wird sich auch in den nächsten Jahrzehnten nicht ändern, selbst wenn ich hier begraben werde. Meiner Meinung nach ist es zu viel verlangt, das Wahlrecht an die Staatsbürgerschaft zu koppeln – jedoch nicht, das Teilen bestimmter Grundwerte zu erwarten. Mein Vorschlag wäre also folgender: Wenn man es wünscht und wenn man die Absicht hat zu bleiben, kann man nach ein paar Jahren das Wahlrecht erwerben, indem man auf das Wahlrecht im Heimatland verzichtet und eine Prüfung absolviert, um zu beweisen, dass man das hiesige politische System kennt und auch bestimmte Grundwerte teilt.
Das verlangt ein gewisses Commitment gegenüber dem „Gastgeberstaat“, ohne dass man seine Wurzeln verleugnen muss. Ich denke, das wäre eine durchaus pragmatische Lösung, und ich würde mir wünschen, dass diese auf EUEbene durchgesetzt wird.
Yvonne Schwarte
5110 Oberndorf