Klima erlaubt keine Lösung im letzten Moment
In der Coronakrise agiert die Politik stets mit dem Rücken zur Wand. Um den Klimawandel zu bremsen, muss aber vorausschauend gehandelt werden.
SALZBURG. Es war eine Notbremsung im letzten Moment. Am Donnerstag, dem 12. März, beschloss Landeshauptmann Wilfried Haslauer, die Skisaison angesichts der steigenden Coronavirus-Fälle zu beenden. Am Tag darauf verkündete der Bundeskanzler dann den sogenannten Lockdown für weite Teile des öffentlichen Lebens in Österreich.
Zu dem Zeitpunkt hatten die exponentiell steigenden Krankheitsfälle bereits ein kritisches Maß erreicht. Landes- und Bundespolitik reagierten im letzten Moment, katastrophale Zustände in Spitälern und Altersheimen wie in Italien oder Spanien konnten noch verhindert werden.
Auch beim Klimawandel haben wir es mit steigenden Kurven, mathematischen Vorausberechnungen und Schreckensszenarios zu tun. Der Unterschied: Die Temperaturen steigen nicht so schnell wie die Viruszahlen. Dafür sind die Auswirkungen um vieles schlimmer.
Für die Politik heißt das, sie muss mit ihrer üblichen Gewohnheit
brechen, stets mit dem Rücken zur Wand zu agieren. Neu ist diese Erkenntnis nicht. Der Treibhauseffekt ist seit den 1970er-Jahren durch die Mahnungen des Club of Rome einer breiten Öffentlichkeit bekannt.
Umso trauriger ist es, dass selbst in einem Land wie Österreich, das lange Zeit in der Umweltschutzbewegung eine Vorreiterrolle innehatte, derzeit im Klimaschutz nichts weitergeht. In Österreich stiegen die Treibhausemmissionen 2019 wieder um 1,8 Prozent. Und Salzburg verfehlte sein selbst gestecktes Klimaziel, die Treibhausgase bis 2020 auf drei Millionen Tonnen pro Jahr zu reduzieren, um eine ganze Million.
Für Salzburg ist das besonders bitter, regieren hier doch seit sieben Jahren die Grünen mit. Eine Partei, die den Umweltschutz quasi im Parteinamen trägt. Ein grünes Leuchtturmprojekt für den Klimaschutz sucht man bis heute vergebens: Nach wie vor dreht sich im Bundesland kein
Windrad, der Anteil der Strommenge aus Photovoltaik beträgt nur knapp zwei Prozent. Im benachbarten Bayern ist dieser Wert zehn Mal so hoch.
Das grüne Prestigeprojekt Tempo 80 diente vor allem der Reduktion von Stickstoffdioxid, sollte die Luftqualität in der Umgebung verbessern. Wirklich klimarelevant ist Tempo 80 nicht.
Was sind die aktuellen klimapolitischen Maßnahmen Salzburgs?
Der grüne Landesvize Heinrich Schellhorn betreibt die Klimaagenden neben seiner Tätigkeit als Sozial- und Kulturreferent. Mit dem Verbot des Einbaus neuer Ölkessel setzte er zwar eine für den Klimaschutz wichtige Maßnahme, kam damit aber nur einer Regelung des Bundes zuvor.
Den größten Hebel hat in Salzburg der ÖVP-Verkehrslandesrat Stefan Schnöll in der Hand: Der Verkehr ist die größte Belastung für Salzburgs Klimabilanz. Schnöll hat zwar mit vielen Projekten für den öffentlichen Verkehr gezeigt, dass er vielleicht der bessere Grüne in dieser Regierung ist.
Den größten Effekt zum klimapolitisch wichtigen Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel erhofft er sich aber mit dem Bau der unterirdischen Regionalstadtbahn. Eine Maßnahme, die erst spät ihre Wirkung entfalten wird:
Baustart der Bahn ist frühestens das Jahr 2023.
Es sieht derzeit also nicht danach aus, als ob die Politik ihre alte Gewohnheit, mit dem Rücken zur Wand zu agieren, aufgibt. Auch in der Coronakrise taten Bundes- und Landespolitiker im Sommer so, als sei das Virus bereits besiegt. Und so hat man es jetzt früher als gewollt wieder mit vielen Infizierten zu tun. In Salzburg mussten wieder im letzten Moment strenge Maßnahmen wie die Vorverlegung der Sperrstunde getroffen werden, um die Wintersaison zu retten.
Die Auswirkungen des Klimawandels merken wir jetzt schon. In Salzburg, etwa durch häufiger auftretende Starkregenereignisse und lange Trockenheit. Wirklich dramatisch wird es wohl erst Mitte des Jahrhunderts. Wenn die Politik erst dann konsequent handelt, ist es bereits zu spät.
Kein klimapolitisches Leuchtturmprojekt