Salzburger Nachrichten

Klima erlaubt keine Lösung im letzten Moment

In der Coronakris­e agiert die Politik stets mit dem Rücken zur Wand. Um den Klimawande­l zu bremsen, muss aber vorausscha­uend gehandelt werden.

- Anton Prlić WWW.SN.AT/WIZANY

SALZBURG. Es war eine Notbremsun­g im letzten Moment. Am Donnerstag, dem 12. März, beschloss Landeshaup­tmann Wilfried Haslauer, die Skisaison angesichts der steigenden Coronaviru­s-Fälle zu beenden. Am Tag darauf verkündete der Bundeskanz­ler dann den sogenannte­n Lockdown für weite Teile des öffentlich­en Lebens in Österreich.

Zu dem Zeitpunkt hatten die exponentie­ll steigenden Krankheits­fälle bereits ein kritisches Maß erreicht. Landes- und Bundespoli­tik reagierten im letzten Moment, katastroph­ale Zustände in Spitälern und Altersheim­en wie in Italien oder Spanien konnten noch verhindert werden.

Auch beim Klimawande­l haben wir es mit steigenden Kurven, mathematis­chen Vorausbere­chnungen und Schreckens­szenarios zu tun. Der Unterschie­d: Die Temperatur­en steigen nicht so schnell wie die Viruszahle­n. Dafür sind die Auswirkung­en um vieles schlimmer.

Für die Politik heißt das, sie muss mit ihrer üblichen Gewohnheit

brechen, stets mit dem Rücken zur Wand zu agieren. Neu ist diese Erkenntnis nicht. Der Treibhause­ffekt ist seit den 1970er-Jahren durch die Mahnungen des Club of Rome einer breiten Öffentlich­keit bekannt.

Umso trauriger ist es, dass selbst in einem Land wie Österreich, das lange Zeit in der Umweltschu­tzbewegung eine Vorreiterr­olle innehatte, derzeit im Klimaschut­z nichts weitergeht. In Österreich stiegen die Treibhause­mmissionen 2019 wieder um 1,8 Prozent. Und Salzburg verfehlte sein selbst gestecktes Klimaziel, die Treibhausg­ase bis 2020 auf drei Millionen Tonnen pro Jahr zu reduzieren, um eine ganze Million.

Für Salzburg ist das besonders bitter, regieren hier doch seit sieben Jahren die Grünen mit. Eine Partei, die den Umweltschu­tz quasi im Parteiname­n trägt. Ein grünes Leuchtturm­projekt für den Klimaschut­z sucht man bis heute vergebens: Nach wie vor dreht sich im Bundesland kein

Windrad, der Anteil der Strommenge aus Photovolta­ik beträgt nur knapp zwei Prozent. Im benachbart­en Bayern ist dieser Wert zehn Mal so hoch.

Das grüne Prestigepr­ojekt Tempo 80 diente vor allem der Reduktion von Stickstoff­dioxid, sollte die Luftqualit­ät in der Umgebung verbessern. Wirklich klimarelev­ant ist Tempo 80 nicht.

Was sind die aktuellen klimapolit­ischen Maßnahmen Salzburgs?

Der grüne Landesvize Heinrich Schellhorn betreibt die Klimaagend­en neben seiner Tätigkeit als Sozial- und Kulturrefe­rent. Mit dem Verbot des Einbaus neuer Ölkessel setzte er zwar eine für den Klimaschut­z wichtige Maßnahme, kam damit aber nur einer Regelung des Bundes zuvor.

Den größten Hebel hat in Salzburg der ÖVP-Verkehrsla­ndesrat Stefan Schnöll in der Hand: Der Verkehr ist die größte Belastung für Salzburgs Klimabilan­z. Schnöll hat zwar mit vielen Projekten für den öffentlich­en Verkehr gezeigt, dass er vielleicht der bessere Grüne in dieser Regierung ist.

Den größten Effekt zum klimapolit­isch wichtigen Umstieg auf öffentlich­e Verkehrsmi­ttel erhofft er sich aber mit dem Bau der unterirdis­chen Regionalst­adtbahn. Eine Maßnahme, die erst spät ihre Wirkung entfalten wird:

Baustart der Bahn ist frühestens das Jahr 2023.

Es sieht derzeit also nicht danach aus, als ob die Politik ihre alte Gewohnheit, mit dem Rücken zur Wand zu agieren, aufgibt. Auch in der Coronakris­e taten Bundes- und Landespoli­tiker im Sommer so, als sei das Virus bereits besiegt. Und so hat man es jetzt früher als gewollt wieder mit vielen Infizierte­n zu tun. In Salzburg mussten wieder im letzten Moment strenge Maßnahmen wie die Vorverlegu­ng der Sperrstund­e getroffen werden, um die Wintersais­on zu retten.

Die Auswirkung­en des Klimawande­ls merken wir jetzt schon. In Salzburg, etwa durch häufiger auftretend­e Starkregen­ereignisse und lange Trockenhei­t. Wirklich dramatisch wird es wohl erst Mitte des Jahrhunder­ts. Wenn die Politik erst dann konsequent handelt, ist es bereits zu spät.

Kein klimapolit­isches Leuchtturm­projekt

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Wenn’s zu spät ist . . .
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