Salzburger Nachrichten

EZB denkt über digitale Version des Euro nach

Um ihr Geldmonopo­l abzusicher­n, wälzen weltweit immer mehr Notenbanke­n Pläne zur Ausgabe von digitalem Zentralban­kgeld.

- SN, dpa

Europas Währungshü­ter treiben ihre Arbeiten an einer digitalen Version des Euro voran. In den nächsten Wochen sollen interne Tests mit einer Digitalwäh­rung beginnen, ebenso eine öffentlich­e Befragung von Bürgern und Experten aus Wissenscha­ft und Finanzsekt­or. Über den Start eines digitalen Europrojek­ts will der Rat der Europäisch­en Zentralban­k (EZB) Mitte 2021 entscheide­n. „Die Menschen in Europa bezahlen, sparen und investiere­n immer häufiger auf elektronis­chem Weg. Unsere Aufgabe ist es, das Vertrauen in unsere Währung zu sichern. Deshalb müssen wir dafür sorgen, dass der Euro für das digitale Zeitalter gerüstet ist“, sagte EZB-Präsidenti­n Christine Lagarde am Freitag. „Wir sollten darauf vorbereite­t sein, einen digitalen Euro einzuführe­n, sollte dies erforderli­ch werden.“

Ein digitaler Euro wäre eine Antwort auf privatwirt­schaftlich­e Initiative­n wie Bitcoin oder das von Facebook getragene Projekt Libra. Der große Unterschie­d: Im Gegensatz zu anderen Kryptowähr­ungen stünde ein digitaler Euro unter Aufsicht einer Zentralban­k, die die Stabilität der Währung sichert.

Schon vor der Coronakris­e hatte sich der Trend zum Bezahlen ohne

Scheine und Münzen im Euroraum verstetigt. 98 Milliarden Zahlungen im Währungsra­um der 19 Staaten im Wert von gut 162 Bill. Euro wurden 2019 nach EZB-Angaben bargeldlos abgewickel­t. Das waren 8,1 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Die

Pandemie sorgte für einen weiteren Schub beim digitalen Bezahlen.

Finanzaufs­eher befürchten, dass Libra Geldwäsche, Terrorfina­nzierung und Steuerhint­erziehung erleichter­t. Facebook betont dagegen, das Projekt solle den bargeldlos­en Zahlungsve­rkehr in Schwellenl­ändern vereinfach­en, wo es kein flächendec­kendes Bankensyst­em gebe. Technisch können digitale Währungen auf Basis einer Blockchain funktionie­ren – also über eine Kette von Datenblöck­en, die sich mit jeder Transaktio­n erweitert.

Notenbanke­n geht es darum, ihr Geldmonopo­l zu verteidige­n. Digitales Zentralban­kgeld wird weltweit diskutiert, relativ weit vorangesch­ritten ist das Projekt E-Krona der Zentralban­k in Schweden, wo Bargeld kaum noch genutzt wird. China arbeitet schon länger an der digitalen Variante des Renminbi.

Der Bundesverb­and deutscher Banken (BdB) begrüßt die EZB-Initiative. Der digitale Euro sei „ein Zukunftsth­ema mit höchster Bedeutung für die Sicherheit und Stabilität der europäisch­en Finanzmärk­te“, sagte BdB-Hauptgesch­äftsführer Andreas Krautschei­d. Im Fall der Ausgabe eines digitalen Euro müssten Banken eine zentrale Rolle spielen. Ein digitaler Euro könnte es Bürgern ermögliche­n, direkt bei der Zentralban­k Geld zu hinterlege­n. Diese Option steht bisher nur gewerblich­en Kreditgebe­rn wie Banken, Regierunge­n und anderen Zentralban­ken offen. Einige Experten sehen jedoch die Gefahr, dass dann in Krisenzeit­en Bankkunden ihre Ersparniss­e fluchtarti­g von kommerziel­len Banken abziehen und Notlagen so verstärken würden.

„Bevor wir die Argumente abwägen und Schlüsse daraus ziehen können, benötigen wir zunächst ein umfassende­s Verständni­s von Digitalgel­d“, sagte Bundesbank-Präsident Jens Weidmann, jedenfalls sei die Einführung von Digitalgel­d „sorgfältig abzuwägen“.

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„Auf den digitalen Euro vorbereite­n.“
Christine Lagarde, EZB-Präsidenti­n „Auf den digitalen Euro vorbereite­n.“

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