War alles schon einmal da ...
Wie der Staat einst das Fahrradchaos regelte
Radfahren mit Laterne und Trillerpfeife (Ver-)Ordnung muss sein?
Radfahren boomt, doch kommt es nicht zuletzt durch das E-Bike zu vermehrten Unfällen. Unfälle und Zusammenstöße mit anderen Verkehrsteilnehmern waren der Grund, warum Obrigkeiten dem Zweirad schon im 19. Jahrhundert skeptisch gegenüberstanden, wie JohannGünther König in seinem Buch „Fahrradfahren“(Reclam-Verlag) beschreibt. Die von Karl Freiherr von Drais (1785–1851) 1817 erfundene Laufmaschine erfreute sich bei jungen, vermögenden Männern großer Beliebtheit; Angehörige der Mittel- und Unterschicht konnten sie sich nicht leisten. Unfälle führten zu Fahrverboten auf Gehsteigen und in Parks, sodass die Laufmaschine rasch an Attraktivität verlor.
Auf der Pariser Weltausstellung 1867 wurde ein neuer Zweiradtyp präsentiert: das Hochrad. Noch ohne Luftbereifung und Stoßdämpfer wurden die Fahrer auf holprigen Wegen ordentlich durchgeschüttelt. Sie bevorzugten Promenaden und Gehsteige, was jedoch zu Konflikten mit Fußgängern führte. So steckte in Bremen ein verärgerter Bürger einem vorbeifahrenden Hochradfahrer den Regenschirm in die Speichen. 1884 schrieb hier eine neue „Landesherrliche Verordnung“den Radfahrern u. a. eine Prüfung sowie einen gebührenpflichtigen Erlaubnisschein vor; die Promenaden und Spaziergänge blieben ihnen an Sonntagnachmittagen versperrt. Ähnlich war es in Wien, wo 1885 eine „Fahrordnung für Bicycles und Tricylces“in Kraft trat (bis 1897), die Radfahrern u. a. eine Prüfung, einen Fahrerlaubnisschein, eine Nummerntafel sowie Laterne und Trillerpfeife, um auf sich aufmerksam zu machen, vorschrieb. Alexandra Bleyer