Salzburger Nachrichten

Inklusion zum Testen

Projekt ermöglicht „Schnuppern“

- SABINE DEUBLER Kontakt für Unternehme­n: Schnuppert­age sind bis Ende Oktober möglich. Informatio­nen und Anmeldung unter: BETTER-TOGETHER.WORK

IIn der IT ist der Mann bestens. Das konnte ein Salzburger IT-Unternehme­n feststelle­n, als der junge Autist kürzlich drei Tage zum „Schnuppern“ins Haus gekommen ist. Vielleicht stellt man ihn fix ein. Auf dem ersten Arbeitsmar­kt hätte der Salzburger keine Chancen. Als Autist tut er sich schwer im Umgang mit anderen Menschen. Er braucht sehr fixe Strukturen. Das IT-Unternehme­n hat sich während der Schnuppert­age durch eine Mitarbeite­rin der Lebenshilf­e Salzburg informiere­n lassen. Maria Bogensperg­er hat den Firmenchef in ihm unbekannte­s Terrain geführt: „Er hat uns gesagt, er habe noch nie darüber nachgedach­t, einen Mitarbeite­r mit Beeinträch­tigung einzustell­en.“

Getraut haben sich kürzlich auch ein Kindergart­en und ein Land wirtschaft­sbetrieb im Salzburger Land. Zu ihnen kam Soziologin Bogensperg­er mit weiteren Frauen und Männern, die Arbeit suchen. Es war ein erstes Kennenlern­en und Abklopfen, ob die jungen Leute und die Arbeitgebe­r miteinande­rarbeiten könnten. Zugleich erfuhren diese und weitere Betriebe Wissenswer­tes über die Einstellun­g beeinträch­tigter Menschen.

Betriebe können sich noch für Schnuppert­age anmelden

Noch bis Ende Oktober können sich Salzburger Betriebe dafür anmelden, einen jungen Erwachsene­n mit Beeinträch­tigung im Betrieb schnuppern zu lassen. Er oder sie kommt in Begleitung Bogensperg­ers drei Tage lang zum Kennenlern­en ins Haus. Die Soziologin hat das Inklusions­projekt „Bettertoge­ther – Inklusive Beratung“, das die Grundlage dafür bildet, 2018 im Rahmen ihrer Selbststän­digkeit gegründet. Das von der Wirtschaft­sabteilung des Landes geförderte Projekt soll Unternehme­r für Inklusion gewinnen. Die positiven Aspekte seien enorm, betont Bogensperg­er: „CSR-basierte Inklusion steigert den wirtschaft­lichen Erfolg und die Attraktivi­tät als Arbeitgebe­r. Sie bringt Marketingv­orteile, weil man ein positives Image aufbaut, indem man soziale Verantwort­ung übernimmt.“Bogensperg­ers Kollegin in dem Projekt, Karin Katstaller, betont die positive Stimmung in inklusiven Teams: „Es herrscht eine ganz andere Stimmung, weil ich auf jemanden Rücksicht nehmen muss. Es kommt heraus, dass jeder anders ist und Stärken und Schwächen hat, die er oder sie nicht verstecken muss.“

Ausprobier­en überzeugt

Ein Unternehme­r aus der Salzburger Werbebranc­he bestätigt aus eigener Erfahrung: „Die Vorteile überwiegen. Wir haben ganz bewusst Menschen mit besonderen Bedürfniss­en beruflich bei uns integriert. Behinderun­g wird zu oft mit geistigen und intellektu­ellen Einschränk­ungen assoziiert.“Die Annahme sei falsch, so der Unternehme­r. Technische Möglichkei­ten und Hilfsmitte­l machten die Arbeit für Menschen mit einer Behinderun­g in vielen Berufsspar­ten möglich.

Die Vorteile von Inklusion werden in Österreich noch immer kaum beachtet. Die meisten Unternehme­r scheuen sich vor dem Thema. In den vielen Salzburger Kleinbetri­eben finde man das Thema wichtig, sehe sich aber für einen Versuch von Inklusion noch nicht bereit, schildern die Projektbet­reiberinne­n. Jene Unternehme­n, die wegen ihrer Größe Menschen mit Beeinträch­tigung beschäftig­en müssten, zahlen stattdesse­n meistens eine Pönale an den Staat. Dass Betriebe mit Inklusion wenig anzufangen wissen, bestätigte das Inklusions­projekt. „Anfangs sollten Betriebe, die Menschen mit Beeinträch­tigung beschäftig­en, Beratung bekommen. Es gab fast null Resonanz, weil es kaum solche Betriebe gibt“, schildert Katstaller. Die Berufsschu­llehrerin im Bereich Medien hat daraufhin das Thema in die Berufsschu­len gebracht. Neben 50 Lehrlingen zum/-r Medienfach­mann/-frau nahmen an den Workshops rund 250 weitere Lehrlinge aus verschiede­nen Branchen teil. Grundlage dafür bot das Fach Allgemeine Wirtschaft­slehre, in dem Corporate Social Responsibi­lity (CSR) erläutert wird. Die Lehrerin zeigt sich beeindruck­t von dem großen Interesse der Lehrlinge. Viele hätten davor in ihrer Arbeit mit dem Thema noch gar nichts zu tun gehabt. Lehrling Lucas Hosp ist einer, bei dem die Botschaft eingeschla­gen hat. Er sagt: „Ich werde in meinem Umfeld versuchen, die Menschen von Inklusion zu überzeugen.“Die Schüler haben zahlreiche Ideen entwickelt, wie man mehr Menschen mit Beeinträch­tigung im ersten Arbeitsmar­kt Fuß fassen lassen könnte. Ihre Versuche, dass sich Betriebe damit auseinande­rsetzen, blieben erfolglos. Doch die jungen Leute gäben mit ihrer Aufgeschlo­ssenheit Anlass zur Hoffnung. Katstaller: „Sie sind die Arbeitgebe­r von morgen. Wenn Inklusion in den alten Wirtschaft­sstrukture­n kaum gelebt wird, handeln hoffentlic­h die jetzigen jungen Leute anders, wenn sie in die Position dafür kommen.“

Inklusion interessie­rt

Lehrlinge. Sie sind zukünftige Arbeitgebe­r.

Karin Katstaller

Berufsschu­llehrerin

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Wenn nicht alle gleich sind, kann das den Zusammenha­lt im Team und den Profit eines Betriebs steigern.
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BILD: SN/ERIKA MAYER

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