Salzburger Nachrichten

Wien ist anders

- Martin Stricker WWW.SN.AT/STRICKER

Im Gegensatz zu seinen Amtskolleg­en in Paris, Brüssel, Kopenhagen oder London, um nur einige moderne Städte zu nennen, kann sich Wiens Bürgermeis­ter Michael Ludwig (SPÖ) keine autofreie Innenstadt vorstellen.

Seine fehlende Vorstellun­gskraft ließ er sich von den Hausjurist­en bescheinig­en, die – Überraschu­ng! – einen entspreche­nden Verordnung­sentwurf der politische­n Konkurrenz für den 1. Bezirk aus rechtliche­n Gründen verwarfen.

Das ist immer praktisch. Wenn etwas aus rechtliche­n Gründen nicht geht, erübrigt sich jede andere Debatte.

In diesem Fall meinen die Magistrats­juristen im Wesentlich­en, dass die Straßenver­kehrsordnu­ng als Grundlage für eine weitgehend autofreie Stadt ungeeignet sei, da sie nur auf Flüssigkei­t und Leichtigke­it des Verkehrs abziele und nicht auf Klimaschut­z.

Na so was.

Wer hätte erwartet, dass die gute alte StVO den Klimaschut­z umfasst? Aber sie umfasst in ihrem Paragrafen 43, Absatz 2, etwas anderes, nämlich eine Verpflicht­ung der Behörde: „Zur Fernhaltun­g von Gefahren oder Belästigun­gen, insbesonde­re durch Lärm, Geruch oder Schadstoff­e“sind Verkehrsve­rbote und -beschränku­ngen zu erlassen, „insoweit es zum Schutz der Bevölkerun­g oder der Umwelt oder aus anderen wichtigen Gründen (wie wäre es mit Klimaschut­z?, Anm.) erforderli­ch“ist. Aber so weit reicht, siehe oben, die Vorstellun­gskraft des Bürgermeis­ters nicht – und auch nicht die juristisch­e Kreativitä­t im Magistrat.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria