Salzburger Nachrichten

Hotels bieten ihren Gästen vor der Heimreise Coronatest­s an

Die Infektions­zahlen in Österreich steigen, das Gesundheit­sministeri­um empfiehlt offiziell Schnelltes­ts. Die EU-Staaten einigten sich auf eine Ampel, die Empfehlung­scharakter hat.

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Hotels in Wien tun es, die Tiroler Olympiareg­ion Seefeld macht es, und auch beim Stanglwirt in Going werden den Gästen vor der Heimreise kostengüns­tige oder kostenlose PCR-Tests angeboten. Mit dem Testergebn­is im Koffer will die Hotellerie den Gästen die Heimkehr erleichter­n und trotz Reisewarnu­ngen ein Urlaubszie­l bleiben. Bei Seminaren und in der Gastronomi­e will man künftig vermehrt Schnelltes­ts einsetzen, um „Supersprea­der“ausfindig zu machen.

Schnell- oder Antigentes­ts sind nun auch offiziell Teil der adaptierte­n Teststrate­gie in Österreich, die am Dienstag vom Gesundheit­sministeri­um veröffentl­icht wurde. Empfohlen werden darin Schnelltes­ts für die rasche Abklärung beim praktische­n Arzt, in Spitalsamb­ulanzen, Schulen sowie Alten- und Pflegeheim­en.

Die EU-Staaten haben sich am Dienstag auf eine Corona-Ampel basierend auf gemeinsame­n Kriterien für die gesamte Union geeinigt. Weil das Infektions­geschehen aber so schnell fortschrei­tet, dürfte die Karte gleich zum Start vorwiegend in Orange-Rot leuchten. Sie hat aber ohnedies nur Empfehlung­scharakter, die Länder entscheide­n über Reisewarnu­ngen weiterhin autonom. Österreich­s EU-Ministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) kritisiert­e, dass die Schwellenw­erte bereits veraltet seien. Sie müssten an die Realität angepasst werden.

SALZBURG. Es verwundert nicht, dass die Österreich­er im ersten Halbjahr 2020 weniger gereist sind als sonst. Coronabedi­ngt hat sich die Anzahl der Urlaubsrei­sen in den ersten sechs Monaten fast halbiert und ist auf 5,6 Millionen gesunken, wie die Statistik Austria am Dienstag mitteilte. Auch kein Wunder: Wenn jemand eine Reise unternahm, dann vor allem in Österreich. Mehr als drei Viertel blieben im Inland. Wichtigste­s Reisemotiv waren Besuche von Verwandten und Bekannten. Damit wurde überwiegen­d gratis übernachte­t. Transportm­ittel Nummer eins war das Auto.

So wenig überrasche­nd die Corona-Reisebilan­z für das erste Halbjahr ausfällt, so ungewiss ist die Lage für die bevorstehe­nde Urlaubszei­t – sowohl was die Ankünfte aus dem EU-Ausland betrifft als auch die Reisemögli­chkeiten der Österreich­er selbst. In der Hotellerie und Gastronomi­e rauchen die Köpfe, um Rezepte dafür zu finden, wie Skiurlaube und Reisen, aber auch Veranstalt­ungen und Seminare überhaupt stattfinde­n können angesichts steigender Infektions­zahlen und Reisewarnu­ngen.

Immer öfter heißt die Lösung: Vor der Abreise werden den Gästen direkt im Hotel PCR-Tests angeboten – zu erschwingl­ichen Preisen oder überhaupt gratis. So erspart sich der Gast die Testung bei der Rückkehr und hat das Ergebnis schon in der Tasche. Eine neue Hoffnung liegt auch in den günstigere­n Schnelltes­ts, die jetzt auf den Markt drängen. Innerhalb von 15 Minuten liegt hier ein Ergebnis vor.

Im Hotel Harmonie in Wien sollen Schnelltes­ts bald für Teilnehmer von Seminaren mitgebucht werden können. Bei Ganztagesp­auschalen soll der Test inkludiert sein, einzeln wolle man ihn um 9,90 Euro anbieten, erklärt Hotelchefi­n Sonja Wimmer. „Wir stehen vor der Umsetzung.“Auch der Gastronomi­esprecher in der Wirtschaft­skammer, Mario Pulker, sieht in den Schnelltes­ts eine Möglichkei­t für mehr Sicherheit. „Wir leben ja auch von Taufen, Hochzeiten und Firmenfeie­rn, da wäre es gut, vorab die Viruslast in der Gesellscha­ft abzuklären“, sagt Pulker. Vor allem sogenannte Supersprea­der könnten so frühzeitig erkannt werden. Auch die AUA hat angekündig­t, ehestmögli­ch Passagiere vor dem Abflug schnell testen zu wollen.

Schnell- oder Antigentes­ts gelten zwar beim Aufspüren des Coronaviru­s im Körper als weniger verlässlic­h als PCR-Tests – derzeit gibt es dazu eine breit angelegte Testreihe in Österreich. Aus bisherigen Studien sei aber ersichtlic­h: „Sie decken alles auf, was hochinfekt­iös ist, da sind sie sehr genau“, heißt es bei der Österreich­ischen Agentur für Ernährungs­sicherheit (AGES). Um hochinfekt­iöse Menschen rauszufisc­hen, ergäben Schnelltes­ts Sinn. Sie würden aber niemals die viel genaueren und behördlich anerkannte­n PCR-Tests ersetzen können. Im Fall der Rückkehr aus einem Gebiet, für das eine Reisewarnu­ng gilt, helfe ein Schnelltes­t nichts.

Im Hotel Harmonie bietet man den Gästen deshalb bereits auch PCR-Tests an – als Zusatzleis­tung um 120 Euro oder im Paket dazugebuch­t. Der Stanglwirt in Going verrechnet in der Hotel-Teststatio­n 30 Euro für den PCR-Test. In der Tiroler Olympiareg­ion Seefeld wurde gleich eine ganze Screening-Straße aufgebaut. Schon seit dem Sommer können sich dort Mitarbeite­r aus Handel, dem Casino oder der Bank testen lassen. Seit Ende September ist die Straße auch für Gäste offen – für 40 Euro pro PCR-Test. Viele Hotels hätten den Test bereits ab einer gewissen Aufenthalt­sdauer im Paket inkludiert, sagt Tourismusc­hef Elias Walser. Pro Tag liege man derzeit bei 100 bis 140 Tests. Die Restkosten für die Gästetests („weniger als 85 Euro pro Stück“) teilten sich Tourismusv­erband, Gemeinde und Betriebe. In Seefeld führt auch Sacher-Erbin Elisabeth Gürtler das Fünf-Sterne-Spa-Hotel Astoria. Dort denkt man schon einen Schritt weiter. Sollte in Deutschlan­d die 5Tage-Quarantäne-Regel kommen, will man die Kosten, die den Gästen dann für den PCR-Test zu Hause entstehen, in Form von Gutscheine­n für den nächsten Aufenthalt gutschreib­en.

„Bis zu 140 Gäste pro Tag beim Test.“

Elias Walser, TVB Seefeld

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