Corona macht viele Bürger müde
Das Durcheinander an Maßnahmen ist für viele nicht mehr nachvollziehbar. Darunter leidet die Disziplin im Kampf gegen das Virus.
Wenn in Ischgl alles richtig gemacht worden wäre, wie es der Bundeskanzler, der Landeshauptmann, der Gesundheitslandesrat, der Bezirkshauptmann oder der Bürgermeister immer wieder behaupten, dann wäre es von dort ausgehend nicht zur explosionsartigen Verbreitung des Virus gekommen. Das Gleiche gilt für Kuchl und andere Gemeinden im Tennengau, die sich innerhalb weniger Tage zu einem Covid-Zentrum entwickelt haben. Auch dort sind nachweislich Fehler passiert, doch niemand will dafür die Verantwortung übernehmen.
Wir Österreicher haben eine Tradition im Nichtzugeben. Das Prinzip heißt „Zuerst einmal immer alles abstreiten, dann werden wir schon sehen“. Vorgelebt wird diese Haltung durch die Politik. Wer Zeuge wird, wie sich das Leugnen dann auch noch bezahlt macht, wird dazu eingeladen, das Dementi zur Grußformel zu erheben.
Dabei geht es bei Corona von Anfang an nicht darum, Sündenböcke zu identifizieren und Infizierte an den Pranger zu stellen. Das Virus kann jeden erwischen. Wichtig ist, dass wir aus solchen Situationen lernen. Und das geht nur, indem man Fehler erkennt, als solche benennt und daraus lernt.
Abstand halten, Maske tragen, Hände waschen und desinfizieren. Mit diesen drei einfachen Maßnahmen lässt sich am meisten gegen das Virus ausrichten. Alle anderen Regelungen sind oft nicht nachvollziehbar, kompliziert, schwer kontrollierbar, beschränkt wirksam. Die Bereitschaft zur Einhaltung sinkt mit dem Tempo der Verkündigung. Wenn beinahe jeden Tag neue Einschränkungen kommuniziert werden, halten sich immer weniger Menschen daran. Nicht, weil sie das Virus nicht wahrhaben wollen. Die sogenannten Coronaleugner, die an eine Weltverschwörung glauben, sind nur eine kleine Gruppe. Das hat man zuletzt auch bei der Wien-Wahl gesehen.
Viele Bürgerinnen und Bürger sind ganz einfach coronamüde geworden. Sie nehmen die Gefahren durch das Virus weiterhin ernst, aber sie haben den Glauben verloren, dass wir mit diesem Durcheinander weiterkommen: Elternverbot in Kindergärten, gegenseitige Reisewarnungen, unterschiedliche Sperrstunden, übervolle Schulbusse, ständiges Drohen mit dem Lockdown, verlängerte Herbstferien.
Der Gesundheitsminister sagt, er habe noch weitere Maßnahmen „in der Schublade“. Was er als professionelle Herangehensweise bezeichnet, könnte man auch als Drohung aus der „untersten Schublade“bezeichnen.