Vor uns liegt eine lange Durststrecke
Die Weltwirtschaft erholt sich langsam und entwickelt sich auseinander.
Die durch die Coronapandemie ausgelöste Wirtschaftskrise sei längst nicht überwunden, Staaten und Notenbanken sollten ihre unterstützenden Maßnahmen daher nicht zu früh beenden. Denn der Aufstieg aus der katastrophalen Lage der Weltwirtschaft werde lange dauern, holprig verlaufen und sei mit großer Unsicherheit behaftet, sagte die Chefökonomin des Internationalen Währungsfonds, Gita Gopinath, am Dienstag bei der Präsentation des neuen Konjunkturausblicks des IWF.
Zwar haben die IWF-Experten die Prognose für 2020 nach oben revidiert, statt des im Juni erwarteten Einbruchs der weltweiten Wirtschaftsleistung um 5,2 sind es jetzt nur mehr 4,4 Prozent. Dafür dürfte die für 2021 erwartete Erholung um 0,2 Prozentpunkte schwächer ausfallen, das globale Bruttoinlandsprodukt soll dann um 5,2 Prozent zulegen. Dabei dürften sich aber die Unterschiede
zwischen den Regionen vergrößern. Abgesehen von China wird der Produktionswert in Schwellenund Entwicklungsländern (um 8,1 Prozent), aber auch in Industrieländern (um 4,7 Prozent) unter dem Niveau von 2019 liegen. Der Verlust in den Jahren 2020/21 von 11 Bill. Dollar werde bis 2025 auf 28 Bill. Dollar steigen, das sei ein schwerer Rückschlag für die Verbesserung des Lebensstandards überall auf der Welt.
Die Krise hinterlasse Wunden, die länger nicht heilen werden, weil die Arbeitsmärkte Zeit zur Erholung bräuchten, die Investitionstätigkeit durch die Unsicherheit gebremst werde und ausgefallener Schulunterricht das Humankapital schwäche. Zudem werden Unternehmen Probleme mit ihren Bilanzen bekommen. Das Wachstum der Weltwirtschaft werde sich daher mittelfristig auf 3,5 Prozent pro Jahr abschwächen, sagte Gopinath.
Dass die Staaten weltweit 12 Bill. Dollar ausgaben und die massiven Zinssenkungen, Liquiditätsspritzen sowie Wertpapierkäufe der Notenbanken hätten Leben und die Existenz gerettet und eine Finanzkatastrophe verhindert. Es sei aber noch sehr viel zu tun, um eine nachhaltige Erholung zu gewährleisten.
Die Regierungen sollten Einkommen durch gezielte Geldtransfers, Lohnsubventionen und Arbeitslosenunterstützung absichern. Angeschlagene, aber überlebensfähige Unternehmen sollten durch Steuerstundungen, Kreditmoratorien und Kapitalspritzen unterstützt werden. Sobald sich die Lage stabilisiere, sollte die Politik darauf ausgerichtet sein, Arbeitskräfte von Sektoren, die langfristig schrumpfen werden, wie etwa der Tourismus, in wachsende Bereiche umzulenken. Arbeitnehmer sollten mit Transfers sowie Qualifizierungsmaßnahmen unterstützt werden.