„Könnten rasch in gefährliche Zone geraten“
Franz Schellhorn ist Direktor des liberalen Thinktanks Agenda Austria.
SN: Was hätten Sie an der Stelle des Finanzministers anders gemacht?
Franz Schellhorn: Die Budgets von heuer und 2021 sind nachvollziehbar, da steuert man gegen die Krise. Ich hätte als Finanzminister die stark steigenden Ausgaben der nächsten Jahre mit einigen Reformen abgesichert, die dafür sorgen, dass wir aus dieser Krise gestärkt herauskommen.
SN: Welche Reformen vermissen Sie?
Allen voran bei den Pensionen. Dort fehlen 23 Milliarden. Es wäre schon viel erreicht, wenn man schrittweise das gesetzliche Pensionsantrittsalter an die steigende Lebenserwartung koppelt. Natürlich gibt es etliche weitere Bereiche, die budgetär in den nächsten Jahren entscheidend sein werden, von der Bildung bis zum Föderalismus.
SN: Der Finanzminister rechnet im nächsten Jahr mit einem Wirtschaftswachstum von
4,4 Prozent. Ist das nicht allzu optimistisch?
4,4 Prozent vom heurigen niedrigen Wert aus sind nicht ganz unrealistisch – vorausgesetzt, dass sich die Coronakrise nicht verschärft. Wenn die Zahlen nicht halten, sieht die budgetäre Situation natürlich weit schlechter aus. Das ist ja gerade unser Kritikpunkt: Dass wir volles Risiko fahren müssen, weil Österreich mit der Verschuldung schon sehr weit oben ist. Hier büßen wir für die Sünden der Vergangenheit. Schweden und Dänemark können ihre budgetären Maßnahmen bei einer Staatsschuldenquote von um die 40 Prozent setzen. Wir hingegen lagen bereits vor der Krise bei 75 Prozent. Sollte jetzt das Wachstum ausbleiben oder sollten die Zinsen steigen, geraten wir rasch in eine gefährliche Zone.