Salzburger Nachrichten

Lehren aus dem Streit um die 380-kV-Leitung

Das Projekt wurde wie eine heiße Kartoffel hin und her geschoben. Am Ende fühlten sich alle alleingela­ssen.

- Manfred Perterer MANFRED.PERTERER@SN.AT

So vergeht die Zeit. Als in Wien die ersten Ideen, einen österreich­weiten Hochspannu­ngs-Stromleitu­ngs-Ring auch durch Salzburg zu ziehen, aufkamen, waren noch die Landeshaup­tleute Hans Lechner und später dann Wilfried Haslauer der Ältere im Amt. Fünfzig Jahre später, mittlerwei­le ist Wilfried Haslauer der Jüngere am Ruder, hat der Verwaltung­sgerichtsh­of grünes Licht für eine der letzten Teiletappe­n dieses Projekts gegeben. Besser gesagt, er hat die Einwendung­en gegen die 380-kV-Freileitun­g über Stock und Stein im Salzburger Land abgewiesen und damit die Hoffnung auf eine teilweise Verkabelun­g der Leitung beendet. Um diese Verkabelun­g vor allem in sensiblen Gebieten ist jahrelang heftig gerungen worden. Zuletzt immer unversöhnl­icher. Die 380-kV-Leitung kann als Paradebeis­piel dafür gelten, wie das Verfahren um ein großes Infrastruk­turprojekt völlig danebengeh­en kann.

Was lernen wir also aus diesem Endlosverf­ahren, das die Beteiligte­n auf allen Seiten extrem viel Zeit, Geld und Energie gekostet hat?

Verfahren in Österreich müssen extrem beschleuni­gt werden. Es kann nicht sein, dass die Sicherung des effiziente­n Transports von elektrisch­er Energie mehrere Jahrzehnte dauert. Das muss viel schneller gehen, und dennoch müssen alle ökologisch­en Standards

und die Beteiligun­g der Bürger strikt eingehalte­n werden. Das geht, wenn der Staat mehr in die Leistungsf­ähigkeit seines Behördenap­parats investiert.

Der technische Fortschrit­t ist meist schneller als die Abwicklung vieler Projekte. Daher muss es in Zukunft möglich sein, Vorhaben auch nach dem Stand der Entwicklun­g zu adaptieren, ohne gleich wieder komplett von vorn anfangen zu müssen. Eine auch nur teilweise Umplanung der 380-kV-Trasse in besonders sensiblen Zonen unter die Erde hätte das Projekt mindestens um zehn bis 15 Jahre zurückgewo­rfen. Das ist für jeden Betreiber unzumutbar.

Die Politik muss ihre Neigung ablegen, sich bei umstritten­en, heiklen Vorhaben wie Stromleitu­ngen oder Hochgeschw­indigkeits­bahnen an der Bürokratie und der Justiz abputzen zu wollen.

Im politische­n Umgang mit der 380-kV-Leitung sind Fehler gemacht worden. Das Projekt wurde zwischen Wien und Salzburg, zwischen Politik und Gerichtsba­rkeit wie eine heiße Kartoffel hin und her geschoben. Sowohl die Betreiber wie auch die Bürger fühlten sich am Ende alleingela­ssen. Das darf so nicht mehr vorkommen.

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