Wie aus Abfall wertvoller Biobenzin wird
Vom Papier zum Zellstoff und nun zum Treibstoff: Einer der größten Tennengauer Industriebetriebe geht mit einer Bioethanol-Anlage neue Wege.
Was hat Holz mit Alkohol zu tun? Auf den ersten Blick nicht viel. Man muss sich schon auf die Ebene der chemischen Bestandteile begeben, um einen Zusammenhang zu erkennen. Ein Baum enthält verschiedene Arten von Zucker, die man vergären oder – im Fachbegriff – fermentieren kann. Um allerdings an diesen Zucker zu gelangen, braucht es enorm viel Energie. Das Holz muss in seine Bestandteile aufgespalten werden.
Genau das geschieht jeden Tag in Hallein. Bei der AustroCel GmbH, wie die ehemalige Papierfabrik heute heißt, wird Zellstoff hergestellt. Dafür werden Fichtenholzreste acht Stunden lang bei 150 Grad Celsius und in einem sauren Milieu (pH-Wert 2) gekocht, wodurch das Holz in seine Bestandteile zerfällt. Rund 96 Prozent des erzeugten Zellstoffs werden nach Asien exportiert, wo er zu Textilfasern und Bekleidung verarbeitet wird.
Was nach dem Kochen übrig bleibt, ist die sogenannte Braunlauge. Dieses Abfallprodukt wird in Hallein verbrannt und betreibt eine Dampfturbine, die Strom erzeugt. Der Rest wird in ein Fernwärmenetz eingespeist.
Nun setzt die AustroCel neben dem Zellstoff und der Bioenergie auf ein drittes Standbein: Der in der Braunlauge enthaltene Holzzucker wird zu Alkohol vergoren und destilliert. Für das so gewonnene Bioethanol gibt es einen Zehn-Jahres-Vertrag mit der OMV. Sie wird den Biotreibstoff unter den herkömmlichen Benzin mischen und an Tankstellen in ganz Österreich liefern.
Damit leiste die AustroCel einen positiven Beitrag zur österreichischen Klimabilanz, sagt Geschäftsführer Jörg Harbring: „Im Endausbau können wir 35 Millionen Liter Bioethanol pro Jahr in Hallein erzeugen. 30 Millionen Liter entsprechen einem Prozent des österreichischen Benzinverbrauchs und sparen rund 50.000 Tonnen CO2 pro Jahr ein.“Die Eigentümerin der AustroCel GmbH, die US-amerikanische Investorengruppe TowerBrooks Capital Partners, investiert für die neue Anlage 42 Millionen Euro in Form von Krediten.
Ein Blick in die Firmengeschichte der Halleiner Papierfabrik zeigt, dass die Erzeugung von Holzalkohol nicht ganz neu ist. Bereits zwischen 1941 und 1988 wurden etwa 6000 Liter Bioethanol pro Tag produziert. Später überlegten auch die finnischen Besitzer in der m-real-Ära ein solches Projekt. Doch mit dem Ende der Papierproduktion waren diese Pläne vom Tisch.
Dass nun die Bioethanol-Anlage kurz vor der Fertigstellung steht, ist der EU zu verdanken. Sie schreibt Österreich bis zum Jahr 2022 einen Anteil von 0,2 Prozent Biotreibstoffen pro Jahr vor. Wenn die OMV das nicht erfüllt, setzt es empfindliche Strafen.
Für die AustroCel sei das eine Win-win-Situation, sagt Harbring: „Wir haben den Holzzucker in der Braunlauge herumschwimmen. Alle anderen müssten ihn mit hohem Energieaufwand abspalten.“Die Erzeugung
von Bioethanol schaffe mehr Platz im Laugenkessel – was wiederum die Kapazität für Zellstoff erhöhe.
Bisher seien Biokraftstoffe aus stärke- oder zuckerhaltigen Pflanzen gewonnen worden, also eigentlich aus Lebensmitteln: „Beim Ausgangsprodukt Braunlauge fällt die Diskussion ,Teller oder Tank‘ weg“, sagt Harbring.