Abschlagsfreie Frühpension wird abgeschafft
Die Grünen bremsen noch, die Rücknahme des Wahlkampfbeschlusses gilt aber als ausgemacht.
WIEN. Mit Jahresbeginn wurde sie wiedereingeführt, in Bälde soll sie wieder abgeschafft werden: die abschlagsfreie Frühpension für Langzeitversicherte, kurz Hacklerregelung genannt.
Darauf habe sich die Regierung verständigt, teilte Arbeitsministerin Christine Aschbacher (ÖVP) nach der Ministerratssitzung mit. Die ÖVP drängt auf einen Beschluss noch im November, bei dem zugleich die neuerliche Sonderzahlung von bis zu 450 Euro an Arbeitslose fix gemacht werden soll. Die Grünen stehen auf der Bremse: Sie wollen, wie Sozialminister Rudolf Anschober sagte, erst einen Bericht der Alterssicherungskommission abwarten. Um welchen Bericht es da genau geht, blieb unklar. Allerdings hat die Kommission schon vergangenen Dezember mehrheitlich kundgetan, die abschlagsfreie Frühpension für falsch zu halten.
Die Vorgeschichte: Rot-Schwarz – Sozialminister war damals Rudolf Hundstorfer (SPÖ) – hatte die Hacklerregelung, für die 45 Beitragsjahre notwendig sind, reformiert. Das Antrittsalter wurde auf 62 Jahre hinaufgesetzt, Abschläge in der Höhe von 4,2 Prozent pro (vorzeitig in Pension gegangenem) Jahr eingeführt. Das galt einige Jahre lang, auch unter Türkis-Blau. Dann kam der vorgezogene Wahlkampf 2019. Im Nationalrat wurde im freien Spiel der Kräfte durchgesetzt, dass die Abschläge wieder abgeschafft werden. Treibende Kraft waren die SPÖ-Gewerkschafter. Es kam zum Schulterschluss von Rot, Blau und Liste Jetzt, ÖVP und Neos waren dagegen. Letztlich sah sich freilich auch die ÖVP zu einem Ja gezwungen, weil sich die Hacklerregelung im selben Paket wie die Pensionsanpassung 2020 fand. Hätte die ÖVP Nein gesagt, hätte sie auch gegen die Pensionserhöhung gestimmt.
Die Wiedereinführung der abschlagsfreien Frühpension mit Jahresbeginn zeitigte die erwarteten Folgen: Ein Run in die Hacklerpension setzte ein. In den ersten drei Quartalen gingen nach Angaben der PVA 9000 Männer abschlagsfrei in Frühpension. Im Schnitt sind ihre Pensionen um gut 300 Euro monatlich höher als die 2019 noch mit Abschlägen zuerkannten Hacklerpensionen.
Möglich ist die abschlagsfreie Frühpension aktuell für Unselbstständige, Selbstständige und Bauern (Beamte wurden ausgeschlossen) – da nur für Männer, in erster Linie für jene in sicheren Dauerbeschäftigungen. Arbeiter dagegen kommen nur selten auf 45 Beitragsjahre, da Ersatzzeiten wie Krankheit und Arbeitslosigkeit nicht anerkannt werden. Für Frauen scheidet die Hacklerregelung wegen ihres niedrigeren Pensionsalters grundsätzlich aus. Damit wird ein Nebeneffekt des Wahlkampfbeschlusses 2019 sein, dass die Schere zwischen Männer- und Frauenpensionen 2020 weiter auseinandergeht.