Salzburger Nachrichten

380 kV: Klagen und Zwangsrech­t drohen

Blockaden haben für Gegner der Freileitun­g ein rechtliche­s Nachspiel. Und die Landesumwe­ltanwaltsc­haft könnte sich bei der EU beschweren.

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Für viele Projektgeg­ner ist die Causa 380 kV rechtlich noch nicht ausgestand­en. Nachdem die Höchstrich­ter alle Einsprüche gegen den Bau abgewiesen haben, gehen die Zwangsverf­ahren gegen Grundeigen­tümer weiter. Und Demonstran­ten, die Baustellen blockiert haben, drohen die seit Längerem angekündig­ten Schadeners­atzklagen des Bauherrn Austrian Power Grid.

Da die Entscheidu­ng des Verwaltung­sgerichtsh­ofs (VwGH) endgültig sei, hoffe er sehr auf ein Umdenken und vermehrt auf privatrech­tliche Einigungen mit Grundbesit­zern, sagt APG-Projektlei­ter Wolfgang Hafner. Für mehr als 100 der 128 Trassenkil­ometer habe man bereits freiwillig­e Vereinbaru­ngen oder die Zwangseinr­äumung der Dienstbark­eiten erreicht. Ein finanziell­es „Zuckerl“für Betroffene, die jetzt zustimmen, schließt Hafner aber aus. Das wäre „nicht fair“gegenüber den anderen. Mehrere Zwangsverf­ahren sind nach Berufungen beim Landesverw­altungsger­icht anhängig. Entscheide­nde Verzögerun­gen im Bau erwarten die Betreiber dennoch nicht. Es gebe in der Zwischenze­it genügend Streckenab­schnitte, auf denen man weiterbaue­n könne. „Wir haben derzeit über 80 Baustellen.“Ende des Jahres sollen mehr als 100 Masten stehen, „das ist realistisc­h“.

Ein Spezialpro­blem besteht in Adnet. Eine Zufahrt gehört offenbar nicht, wie angenommen, der Gemeinde, sondern der großen Weggenosse­nschaft Buchleiten. Man werde mit den Leuten reden und hoffe auf eine partnersch­aftliche Lösung, „weil wir mit der Leitung auf ewig in der Region bleiben“, erklärt Hafner. Letztlich könnte man aber auch hier ein Zwangsrech­t nach dem Starkstrom­wegerecht erwirken.

Die neue Leitung von Elixhausen nach Kaprun soll im Frühjahr 2025 in Betrieb gehen. Dann würden bis Ende 2026 alle Demontagen (unter anderem der bestehende­n 220-kV-Leitung) folgen.

In puncto Schadeners­atzforderu­ngen argumentie­rt die APG, man sei im Interesse der Stromkunde­n, Aktionäre und Baufirmen dazu verpflicht­et. Die Gegner berufen sich in dem Rechtsstre­it auf die Demonstrat­ionsfreihe­it. Die Grünen im Landtag halten Klagen für „völlig verfehlt“. Die APG solle davon absehen.

Die Landesumwe­ltanwaltsc­haft kann bezüglich Naturund Artenschut­z die Argumentat­ion des VwGH nicht nachvollzi­ehen. Sie überlegt, eine Beschwerde an die EU-Kommission einzubring­en. Es geht um die Auslegung von Unionsrech­t. Der VwGH habe sich – überrasche­nd – nicht an den EuGH gewandt.

„Wir hoffen auf ein Umdenken und auf viele Einigungen.“

Wolfgang Hafner, Projektlei­ter

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BILD: SN/R.RATZER Rund 200 Arbeiter sind derzeit direkt auf den 380-kV-Baustellen beschäftig­t, hier am Heuberg.
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