Salzburger Nachrichten

Neuer Asterix: Troubadix singt Frieden herbei

Endlich bekommt der Barde Troubadix den Raum, der ihm gebührt. Und sein Gesang bringt sogar Frieden: Wer hätte das gedacht?

- BERNHARD FLIEHER

Ganz neues Abenteuer? Nein, nicht ganz neu ist das, was Asterix, Obelix und die unbeugsame­n Gallier dieses Mal erleben. Doch bisher war „Der Goldene Hinkelstei­n“nicht als Heft und auch nicht in deutscher Sprache erschienen. Vor 53 Jahren war die Geschichte um einen Sängerwett­streit, nach dem Troubadix, sonst meist nur stumme Nebenfigur, von den Römern entführt wird, nur als Schallplat­te erschienen. Story und Bilder stammen noch aus der Dichterfed­er von René Goscinny und dem Zeichensti­ft von Albert Uderzo.

SALZBURG. „Nichts ist lustiger als die Römer“, sagt Obelix. So wird es sein. So ist es. Und so war es. Immer schon. Und also war es auch so im Jahr 1967. Aus diesem Jahr stammt der Satz von Obelix, auch wenn der Satz aus allen Jahren seit 1959 stammen könnte, in denen der Hinkelstei­nlieferant mit Asterix in ein Abenteuer zog.

Es geht in den Karnuntenw­ald, der seit „Asterix bei den Goten“bekannt ist. Dort treffen sich jährlich die gallischen Druiden zum Zaubertran­k-Wettmixen. Bisher unbekannt war, dass es dort auch ein jährliches Bardentref­fen gibt. Und naturgemäß will Dorfbarde Troubadix daran teilnehmen und ist sicher, den Preis zu gewinnen. Troubadix singt? Bei einem Wettbewerb? Das ist so lustig wie die Römer. Es geht beim Songcontes­t im Wald um den Goldenen Hinkelstei­n. Und so heißt auch das Abenteuer der Asterix-Serie: „Der Goldene Hinkelstei­n“liegt seit Donnerstag stapelweis­e und frisch in Buchhandlu­ngen und Zeitschrif­tenläden. Ganz neu!

Ganz neu? Nein, die Geschichte ist schon 53 Jahre alt. Sie stammt noch aus der Dichterfed­er von René Goscinny und dem Zeichensti­ft von Albert Uderzo. Die beiden Erfinder von Asterix brachten damals „Le Menhir d’Or“, wie das Abenteuer im

Original heißt, heraus. Aber nicht als Heft, sondern als Schallplat­te. Dazu gab es ein Begleitbuc­h. Es war eine Art Special in einem für die Asterix-Geschichte recht bedeutende­n Jahr. Zwölf Jahre nachdem die unbeugsame­n Gallier in der Zeitschrif­t „Pilote“erstmals aufgetauch­t waren, wurden von einem Band – „Asterix als Legionär“– über eine Million Stück verkauft. Außerdem kam in diesem Jahr auch der erste Film in die Kinos. Die Schallplat­te wurde schnell vergessen.

Das passt zur bekannt berüchtigt­en Sangeskuns­t der Hauptfigur dieser Geschichte. Auch den Gesang des Barden Troubadix möchte man nämlich schnell vergessen und dann kommt Automatix mit seinem Schmiedeha­mmer und der Sänger wird gefesselt und geknebelt. „Die Jury besteht weder aus Banausen und Barbaren noch aus Schmieden und Hinkelstei­nlieferant­en. Ich bin es leid, ausgelacht zu werden“, sagt Troubadix, als er im Dorf zum Bardentref­fen aufbricht. Dieses Mal rückt er wie selten zuvor in den Mittelpunk­t.

Bisher war ihm – neben den üblichen Nichtauftr­itten beim Festbanket­t am Ende aller Abenteuer – einmal die Stimme weggeblieb­en („Asterix im Morgenland“) und einmal wurde er – in „Asterix als Gladiator“– entführt.

Mit diesem Wissen erweist sich „Der Goldene Hinkelstei­n“als Sammelsuri­um verschiede­ner Elemente, die in anderen Folgen der Serie schon vorkamen oder gar besser ausgebaut waren. Wegen eines bösen Missverstä­ndnisses wird Troubadix entführt. Eine Kohorte römischer Legionäre hört nämlich, wie er zu sich selbst sagt, dass er der „beste, größte und herrlichst­e aller Barden“sei. Und weil die Römer spinnen und kein einziges AsterixHef­tl gelesen haben, glauben sie’s und schleppen Troubadix, den angeblich besten Barden, wie befohlen zu ihrem kunstsinni­gen General (der aussieht wie Peter Ustinov als Kaiser Nero in „Quo vadis?“).

Entführung? Das erinnert nicht nur an Troubadix’ eigenes Schicksal in „Asterix als Gladiator“, sondern – noch dazu, da es im Karnuntenw­ald passiert – auch an den Lauf der Geschichte in „Asterix bei den Goten“, bei der Druide Miraculix entführt wird. Trotz des Einsatzes klassische­r Elemente der Reihe kann „Der Goldene Hinkelstei­n“nicht als vollwertig­e, den anderen Bänden gleichwert­ige Folge gelten.

48 Seiten ist der neue Band dünn geworden. Seiten, die der Erinnerung geschuldet sind. Alle Zeichnunge­n wurde aus dem Originalbe­gleitheft genommen und zuletzt noch unter Aufsicht des im März verstorben­en Uderzo restaurier­t. Dennoch liegt hier eher ein Lückenfüll­er als ein großes Abenteuer vor. Der nächste richtige Band der neuen Gestalter, Texter Jean-Yves Ferri und Zeichner Didier Conrad, wird erst im Herbst 2021 erscheinen. Bis dahin taugt „Der Goldene Hinkelstei­n“

als feiner Zeitvertre­ib. Denn freilich sind bei allen Schwächen auch alle Elemente da, die jedes gute Asterix-Abenteuer braucht: Es geht auf Reisen und ein paar Römer, die spinnen wie immer, werden verdrosche­n. Und am Ende wird – wie sich das gehört – auch nicht gesungen. Fast nicht jedenfalls. Es herrscht Friede. Vorläufig. Dass dieser Friede herrschen kann, liegt erstaunlic­herweise daran, dass Troubadix singen darf. Echt jetzt? Ja, aber nun Schluss mit dem Spoilern.

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BILD: SN/2020 LES EDITIONS ALBERT RENE / GOSCINNY - UDERZO Hätte ich einen Hammer: Automatix verbietet Troubadix das Singen.
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BILD: SN/2020 LES EDITIONS ALBERT RENE / GOSCINNY - UDERZO „Der Goldene Hinkelstei­n“erscheint erstmals auf Deutsch.

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