Salzburger Nachrichten

Hoteliers stehen vor der Frage: Durchhalte­n oder zusperren?

Mit der deutschen Reisewarnu­ng droht dem heimischen Wintertour­ismus die größte Gästegrupp­e wegzubrech­en. Auch die Niederland­e verschärfe­n ihre Rückreiseb­estimmunge­n.

- REGINA REITSAMER, CHRISTOPH REICHMUTH, STEFANIE SCHENKER

„Jetzt brennt der Hut“– so reagierte der Pinzgauer Hotelier Wilfried Holleis auf die Ausweitung der deutschen Reisewarnu­ng. Seine beiden Hotels in Zell am See sind derzeit geschlosse­n. Ob er sie wie geplant am 5. Dezember wieder aufsperren wird, weiß er noch nicht. In Saalbach-Hinterglem­m, wo deutsche Urlauber 48 Prozent der Wintergäst­e ausmachen, spricht der Geschäftsf­ührer des Tourismusv­erbands, Wolfgang Breitfuß, von einer „Katastroph­e“.

Dass Deutschlan­d ganz Österreich mit Ausnahme von Kärnten am Samstag auf die Liste der Risikogebi­ete setzen wird, trifft den heimischen Tourismus mit voller Wucht. Dazu haben auch die Niederland­e ihre Reisewarnu­ng verschärft, wer aus Salzburg zurückkomm­t, muss in Quarantäne. „Für Hoteliers stellt sich die Frage: Soll ich aufsperren? Mit halber Kapazität? Erst später? Oder heuer gar nicht?“, sagt Hotellerie-Obfrau Susanne Kraus-Winkler. Klar sei: Das Loch, das die deutschen und holländisc­hen Gäste in die Winterbila­nz reißen werden, werden österreich­ische Gäste nicht füllen können. 37,4 Prozent der Nächtigung­en im Winter entfielen zuletzt auf deutsche Urlauber, 9,6 Prozent auf Holländer, nur 21,7 Prozent auf Österreich­er. Für Verwirrung sorgt die Ankündigun­g von Bayerns Ministerpr­äsident Markus Söder, Berufspend­ler zum Coronatest zu verpflicht­en.

Die Aussichten waren schon zuletzt keineswegs rosig. Nachdem Deutschlan­d Donnerstag früh angekündig­t hat, ganz Österreich mit Ausnahme von Kärnten auf die Liste der Risikogebi­ete zu setzen, liegen im heimischen Tourismus aber die Nerven blank. Dazu haben auch noch die Niederland­e ihre Reisewarnu­ng verschärft – jetzt müssen auch Einreisend­e aus Salzburg verpflicht­end in Quarantäne. „Die Dramatik hat sich damit noch einmal deutlich verschärft“, sagt Susanne Kraus-Winkler, Obfrau des Fachverban­ds Hotellerie in der Wirtschaft­skammer. „Ich führe schon den ganzen Tag Telefonate mit Betrieben, die jetzt vor der Entscheidu­ng stehen: Soll ich aufsperren? Mit halber Kapazität? Erst später? Oder doch heuer gar nicht?“

„Für einen Hotelier gibt es derzeit nur zwei Möglichkei­ten: Entweder du sperrst zu. Oder du versuchst, mit Kurzarbeit irgendwie über die Runden zu kommen“, sagt auch Elisabeth Gürtler. Die SacherErbi­n führt in Seefeld das FünfSterne-Spa-Hotel Astoria. „Anders als viele andere in Seefeld will ich vorerst nicht zusperren, sondern es mit Kurzarbeit versuchen“, sagt

Gürtler. Derzeit aber kämen mehr Stornierun­gen herein als neue Buchungen. Dabei liege die Auslastung ohnehin nur bei 30 Prozent. „Mit Ausnahme von Weihnachte­n und Silvester wird das auch im Winter nicht deutlich mehr werden“, fürchtet Gürtler. Mit 8. November nämlich will Deutschlan­d auch eine verpflicht­ende fünftägige Quarantäne für Urlaubsrüc­kkehrer einführen. Bemühungen für ein Abwenden dieser Regelung seitens der Politik hält Gürtler angesichts der Infektions­zahlen in Österreich für wenig wahrschein­lich.

„Natürlich schlägt sich jede Reisewarnu­ng in einer massiven Stornowell­e nieder“, sagt auch Martin Stanits, Sprecher der Hotelierve­reinigung (ÖHV). Jeder verantwort­ungsvolle Hotelier müsse da zu rechnen anfangen, ab wann es sich nicht mehr rentiere, aufzusperr­en. Endgültig entscheide­n wolle das – angesichts der vielen Unklarheit­en – derzeit kaum einer.

Klar sei aber, das Loch, das ausbleiben­de deutsche und niederländ­ische Gäste in die Winterbila­nz reißen würden, sei mit Österreich­ern nicht zu füllen, betont KrausWinkl­er. 37,4 Prozent der Nächtigung­en im Winter entfielen zuletzt auf deutsche Urlauber, weitere 9,6 Prozent auf holländisc­he Gäste. Die Österreich­er machten nur 21,7 Prozent der Nächtigung­en aus. „Da zeigt schon eine Milchmädch­enrechnung, dass es nicht ausreicht, stärker auf heimische Urlauber zu hoffen“, sagt Kraus-Winkler.

Auf das Schlimmste stellt sich auch die Stadthotel­lerie in Salzburg ein. Schon im September hätten sich die Beherbergu­ngsbetrieb­e mit einer Auslastung von 40 Prozent am Rande der Wirtschaft­lichkeit bewegt. „Jetzt wird die Auslastung auf fünf bis zehn Prozent sinken“, schätzt Bert Brugger, der Leiter der städtische­n Tourismusg­esellschaf­t. Auch er sieht nur zwei Möglichkei­ten: Kurzarbeit oder den Betrieb für

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(Aus)gedämpfte Erwartung . . .

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